Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Sr. Hochwohlgeboren
den Kurfürstl. hess. Hofkapellmeister
Herrn Dr. Spohr
in
Cassel.
Ew. Hochwohlgeboren
werden es einem Vater der für die Ausbildung seines Sohnes sich zu den größten Opfern unterzog, die von demselben ihm auferlegt werden, nicht verargen wenn es ihm darum zu thun ist über den Erfolg dieser Opfer genau unterricht zu werden. Ich erlaube mir daher die ergebenste Anfrage ob mein Sohn durch gehörige Aufmerksamkeit und tüchtigen Eifer die ausgezeichnete Schule, in welcher er sich befindet, zu Ew. Hochwohlgeboren Zufriedenheit benutzt. Aus den brieflichen Mittehilungen desselben habe ich mit Freuden wahrgenommen, daß nur Ew. Hochwohlgeboren Compositionen die Gegenstände seines bisherigen Studiums gewesen sind, und wenn ich mich erklären darf, meine diesfalsigen Wünsche laut werden zu lassen, so kann ich die ergebentste Bemerkung nicht unterdrücken, daß auch das starre Beibehalten derselben ihren hauptsächtlichsten Gegenstand bildet: namentlich würde ich mich sehr zu Dank verpflichtet fühlen, wenn die Gesangs-Scene und das 9te Conzert aus Dmoll mit in den Kreis der von Ew. Hochwohlgeboren zu treffenden Wahlstatten würden. Der Geist dieser Compositionen kann besonders unter so trefflicher Anleitung nur kräftigend auf die Entwickelung meines Sohnes wirken, und dieses Geiste Erstarken in Bezug auf seine Kunst muß nothwendigerweise auf sein übriges Wesen von vortheiihafter Wirkung sein, so daß mit seiner artistischen Entwickelung auch jene Sicherheit in dem äußeren Auftreten nicht ausbleiben wird, ohne welche der Künstler immer den besten Theil seiner Leistungen nicht zum öffentlichen Aufcheinen zu bringen vermag. Für meinen Sohn aber ist es höchst wünschenswerth, daß derselbe, wenn er hierher zurückgekehrt sein wird, bei der sodann abzulegenden Probe vor Sr. Hoheit dem Herzog durch keinerlei Aengstlichkeit abgehalten werde seine wirklichen Fähigkeiten zur Anschauung zu bringen da von dieser Probe seine ganze Zukunft abhängig sein wird. Wenn es daher den Ansichten Ew. Hochwohlgeboren nicht zuwider liefe, und Dieselben wollten sonst gütist dahin wirken, daß mein Sohn vielleicht ein oder mehreremale in den vorstellenden Conzerten Gelegenheit fände, sich an den öffentlichen Vortrag zu gewöhnen, so dürfte dieß wohl vortheilhaft für ihn sein. Doch befürchte ich, da vielleicht schon zu lange Ew. Hochwohlgeboren kostbare Zeit in Anspruch genommen zu haben und beeile mich die vorgebrachte Bitte um einige Zeilen der gütigsten Mittehilung über die Fortschritte meines Sohnes auszusprechen. Vielleicht daß Ew. Hochwohlgeboren es nicht für zu gering achten würden bei dieser Gelegenheit auch einige Worte über die zur geneigten Begutachtung ergebenst überreichten Ouverture nebst Entreactes mit einfließen zu lassen, wofür sich zur innigsten Dankbarkeit verpflichtet fühlen würde
Ew. Hochwohlgeboren
ganz ergebenster
C. Jacobi
Musikdirector.
Coburg den 29. October 1846.
Autor(en): | Jacobi, Carl |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Ernst II. Sachsen-Coburg und Gotha, Herzog Jacobi, August |
Erwähnte Kompositionen: | Jacobi, Carl : Entre-actes Spohr, Louis : Konzerte, Vl Orch, op. 55 Spohr, Louis : Konzert in Form einer Gesangszene, Vl Orch, op. 47 |
Erwähnte Orte: | |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1846102940 |
Der letzte belegte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Jacobi, 21.03.1846. Spohrs Antwortbrief ist derzeit verschollen.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (20.08.2021).