Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hochgeehrtester Herr Capellmeister!

In tiefster Ehrfurcht und höchster Freude ergreife ich die Feder, Ew. Wohlgeboren meinen größten, innigsten und wärmsten Dank auszusprechen für die außerordentlich gütige Empfehlung1 an Herrn de Bériot, welche Sie freundlichst an Frau Fürstin zu Bentheim schickten. Diese eben erwähnte liebe edle Dame so wie auch ihr lieber Gemahl (Fürst zu Bentheim etc. etc.) sind so außergewöhnlich liebevoll und gütig gegen mach, daß ich, bei meinem 2t & letzten Dortsein in Limburg & Rheda, welches sich auf ein viertel Jahr erstreckte,) das große Vergnügen hatte, dazwischen theils mit der fürstlichen Familie & nachher allein eine Reise nach Brüssel & Paris auf ein paar Wochen zu unternehmen.
In Brüssel mein einzigstes Freuen & Hoffen auf Herrn de Bériot beruhete, was ich glänzend ausgerüstet mit Ihrem gütigen Schreiben an selbigen Herrn, unglücklicher Weise war Herr de Bériot zu der Zeit sehr krank, (er litt an der Halsschwindsucht,) und ich konnte ihn nicht einmal zu Gesicht bekommen, sondern sprach nur mit seiner Gemahlin, welcher ich auch den mir lieben Brief von Ihnen gab, mit der Hoffnung scheident, daß Herr de Bériot bald möge wieder genesen. Jetzt soll sich letztgenannter Herr in Mittelfrankreich befinden, um sich allmählich zu erholen! –
Das Weitere von meiner sonst sehr interessanten und angenehmen Reise, besonders in Paris, (wenn es Ew. Wohlgeb. nicht zu viel wird zu hören,) wird gewiß Überbringer dieses, (Herr Lewing, ein Freund von mir,) Ihnen lieber erzählen; deshalb will ich nicht mit2 zu ausgedehntem Schreiben über diesen Punkt langweilen.
Schon lange hatte ich Ihnen, lieber Herr Capellmeister, versprochen, meine Sonate für Pianoforte & Violine zu schicken; da die Frau Fürstin zu Bentheim nun auch wünschte, so etwas ähnliches von mir zu besitzen, so sprach ich mit einem hier jetzt neuen Verleger, (Rademacher) welche auch wünschte, diese Sonate herauszugeben, und ließ sie dann mit der dedication der Frau Fürsti als opus 1, drucken! – Der Verleger hat die Sache nun sehr in die Länge gezogen, und endlich jetzt erlaube ich mir die Freiheit, Ihnen, Herr Capellmeister ein Exemplar zu Füßen zu legen! –
Wenn dies kleine Erstlingswerk das Glück hat, vielleicht von Ihnen selbst gespielt zu werden, so mögte ich, wenn es nicht unbescheiden ist, Sie recht bitten, vielleicht, wenn es Ihre Zeit allerdings einmal erlaubt, eine kleine Beurtheilung ganz nach Ihren erhabenen Ansichten darüber in den öffentlichen Blättern auszusprechen! – Aber ganz wie Sie ‘s für Gut befinden! – Es ist nur eine unbescheidene Bitte und höchster Wunsch von mir, fern(?) Sie es nicht gut heißen, so darf ich vielleicht um eine kleine Beurtheilung schrftlich, an den Herrn Cammerbaumeister oder an mich nochsmals zu bitten wagen!
In jüngst verflossener Zeit hatte ich öfters das große Vergnügen, dn der so angenehmen und liebenswürdigen3 Gesellschaft Ihrer Familie in Braunschweig zu weilen um zu musiciren mit Fräulein Rosalie, (Ihrer Nichte, ) wo wir Ihre herrliche, einzig schöne Sonate für Harfe & Violine spielten4; da wurden mir denn von sämtlicher Familie viele herzliche und freundliche Grüße aufgetragen an Sie, Herr Capellmeister, und Ihnen noch wissen zu lassen, daß sie im 85 oder höchstens 10 Wochen bestimmt zu Ihnen kommen werden! –
Fräulein Rosalie aber wollte Ihnen noch ganz besonders freundlich genannt sein! –
Mit dem höchsten Wunsche und Bitte, daß Ew. Wohlgeboren mir Ihr geneigtes Wohlwollen auch ferner noch erhalten wollen,

Empfiehlt sich Ihnen
hochachtungsvoll und
ganz ergebenst
Carl Hohnstock.

Braunschweig
am 25 April 1846.



Der letzte erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist der bislang verschollene Brief Spohr an Hohnstock, bis 08.08.1844.

[1] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[2] „mit“ über der Zeile eingefügt.

[3] Hier gestrichen: „Familie“.

[4] Konkrete Sonate noch nicht ermittelt.

[5] Hier gestrichen: „10“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (16.06.2021).