Louis Spohr an Adrianus Catharinus Gerardus Vermeulen in Rotterdam

Bei Beurtheilung von Liedern (ein- wie vierstimmigen) ist die erste¹ und wichtigste Frage: wie ist das Gedicht aufgefaßt, wie durch die Melodie wiedergegeben und wie diesem gemäß die harmonische Begleitung? Dieß alles vermag ich bey den beyden vorliegenden Liedersammlungen nicht zu beurtheilen, weil ich die Sprache nicht verstehe.² Was nun zunächst in Betracht zu ziehen ist, die Form und der rhythmische Bau, so hängen diese ebenfalls vom Versmaße und dem Inhalte des Gedichts ab und ich muß auch hierüber aus obigem Grunde mich eines Urtheils enthalten. Was dann endlich die Führung der Stimmen und die Harmonie betrifft, so ist diese in beyden Sammlungen etwa von gleichem Werth, ziemlich gewandt doch nicht ganz correkt, wie bereits von meinem Vorgänger in der Beurtheilung mit Bleistiftcorrektur am Rande, und von mir nachträglich noch durch + + an einigen andern Stellen angedeutet worden ist. Ist nun von einem der Sprache kenntlichen Beurtheiler entschieden, welcher Sammlung, in Bezug auf die Hauptfrage, der Preis gebührt, so ist vor der Veröffentlichung eine Revision der Stimmführung und eine Verbesserung der fehlerhaften und unsangbaren Fortschreitungen durchaus noch erforderlich.