Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

London den 8ten Februar
1846.

Hochgeehrtester Herr Kappellmeister!

Mit dem größten Bedauern bin ich genöthigt Ihnen zu melden daß die Concerte in einem von welchen Ihr Quartet-Concert sollte zu Aufführung kommen, nicht statt finden werden, und zwar unter folgenden unangenehmen Umständen. Die „Society of British Musicians besteht aus 185 Mitglieder, Musiker die zum Theil ausgezeichnet sind. Die Geschäfte dieser Gesellschaft werden von einer Direction besorgt die aus 9 Personen besteht, und die alles aus führen daß Sie für das gemeine Wohl der Gesellschaft halten. Wir hatten seit vielen Jahren keine Concerte gegeben und wir dachten daß die Ankündigung von vier1 guten und billigen Concerte einen wahren Anklang im Publicum und den anderen Mitglieder der Society finden würden. Gott weiß aber wie es gekommen ist, die Direction ist sehr getäuscht worden. Die Mitglieder, (viele aus Ursachen die wenn Sie Ihnen2 auseinander gesetzt wären Sie kaum verstehe würden denn dergleichen Sachen fallen nicht in Deutschland vor) habe sich gar nicht angestrengt um Ihre Freunde als Abbonenten zu versaffen3, das Publicum hat sich für die Unternehmung gar nicht interessirt, und am vorigen Montag ist die Direction zusammen gekommen um zu sehen ob die Concerte statt finden konnten, und zu unserm großen Bedauern hatten wir nur 120 Abonenten! von den 100,4 aus Freunden der Direction bestanden! die übrigen 176 Mitglieder haben daher nur 20 gebracht. Da wir also nur auzf ein hundert und zwanzig Guineen rechnen konnten und da die Concerte auf eine solche Weise angelegt waren daß jedes 100 Pfund würde gekostet haben so mußten wir die Idee aufgeben, und haben unsere Muhe und Zeit umsonst verwendet. Aber vor allem thut es mir leid daß ich Ihnen so viele Mühe gegeben habe. ich hoffe aber daß Sie nicht glauben werden daß ich daran schuld bin, ich habe Ihnen geschrieben mit der festen Idee daß nichts im Wege stehen würde um die Ausführung des Plans zu verhindern, und hätte eine Ahndung haben können daß ich könnte getäuscht werden so hätte ich mir nie erlaubt eine solche Bitte an Sie zu richten.
Nun muß ich Ihnen das5 auseinander setzen was ich gethan habe um die Aufführung des neuen Stückes von der Philharmonie zu vermitteln.
Da ich jeden Tag die Partitur von Hauptmann erwarten darf, so es oft zu spät um das Abschreiben zu verstehen(???) ich habe daher dem Herrn Watts dem Sekretär der Philharmonischen Gesellschaft geschrieben, um zu wissen ob6 diese Direction geneigt ist das Stück aufzuführen. Es thut mir sehr leid daß ich seine Antwort nicht erhalten habe um sie Ihnen in diesem Briefe mittheilen zu können, aber es7 ist so bestimmt daß meinen Antrag angenommen wird, (denn ich hore daß Sie auch eine Bitte von der Gesellschaft erhalten haben) daß ich keinen Zweifel darüber hege.8 Nun bin ich zu Ende meiner Erklärungen, und muß Sie nochmals um Verzeihung bitten für die Mühe und Zeitverlust die ich Ihnen unschuldige Weise gegeben habe, und ich hege die Hoffnung, daß Sie9 das billigen werden was ich in Hinsicht der Philharmonischen Angelegenheit gethan habe.
Haben Sie nun, lieber Herr Kappellmeister meinen schönsten Dank für Ihre gütigen Brief des 27ten V. M. und für den freundlichen Bericht wegen der Aufführung meiner Sinfonie daß sie gefallen hat freut mich, aber noch mehr danke ich Ihnen für den guten Rath den sie mir geben.10 Wenn ich dessen nicht folge so ist es gar nicht daß ich fühle daß Sie unrecht haben, im Gegentheil alles was Sie sagen ist ganz wahr, aber ich bin beschäftigt jetzt mit einem zweites Werk dieser Gattung und in diesem hoffe ich beweisen zu können daß ich alles was Sie mir gesagt haben auf’s Herz zu legen verstehe, und zwar auf eine bessere Weise als wenn ich meine Zeit mit dem Umarbeiten der selben Sache beschäftigte.
Ihre freundlichen Grüße werden auf das herzlichste wiederholt und mit dem aufrichtigsten Dank für Ihre vielfache Güte verbleibe ich

ganz ergebenst
der Ihrige
Charles Edward Horsley

Autor(en): Horsley, Charles Edward
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Watts, William
Erwähnte Kompositionen: Horsley, Charles Edward : Sinfonien, Nr. 1
Horsley, Charles Edward : Sinfonien, Nr. 2
Spohr, Louis : Konzerte, Vl 1 2 Va Vc Orch, op. 131
Erwähnte Orte: Kassel
London
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Philharmonic Society <London>
Society of British Musicians
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1846020844

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Horsley, 27.01.1846. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Horsley an Spohr, 14.06.1846.

[1] Hier gestrichen: „und“.

[2] „Ihnen“ über der Zeile eingefügt.

[3] Sic!

[4] Hier gestrichen: „von“.

[5] „das“ über der Zeile eingefügt.

[6] Hier gestrichen: „es“.

[7] „es“ über gestrichenem „diese Sache“ eingefügt.

[8] Vgl. William Watts an Spohr, 24.01.1846.

[9] Hier ein Wort gestrichen.

[10] In seinem Brief an Felix Mendelssohn Bartholdy berichtet Spohr am 15.01.1846, die Sinfonie habe seinen Erwartungen nicht ganz entsprochen, sie sei zu lang und müsse überarbeitet werden. – Zur Aufführung vgl. O[tto] K[raushaar], „Cassel, im Februar 1846“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 48 (1846), Sp. 272-277, hier Sp. 276.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (26.05.2020).