Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.6 <Lannoy 18451226>
Druck: D., „Zwei Musikerbriefe“, in: Deutsche Kunst- & Musik-Zeitung 18 (1891), S. 13f., hier S. 13
Inhaltsangabe: Querschnitt durch unser Autographenlager (= Katalog Heck 61), Wien 1936, S. 27
Sr. Hochwohlgeb.
dem Herrn Baron von Lannoy in
Wien
Stadt, Nro 1042.1
Cassel den 26ten
Dec. 1845
Hochgeehrter Herr Baron,
Ihr geehrtes Antwortschreiben in Bezug auf die Stähle‘sche Sinfonie habe ich richtig erhalten und danke bestens dafür. Die Ouverture von der ich Herrn Holz in Bonn2 sprach, ist seit dem Herbst in den Händen des Verlegers, wird aber nach Neujahr und hoffentlich noch früh genug erscheinen, um von Ihnen benutzt werden zu können. Ich werden dem Verleger Herrn Siegel in Leipzig schreiben, Ihnen sogleich nach dem Abdruck ein Exemplar zu übersenden. Ich kann Ihnen aber auch ein Manuskript zur Aufführung in einem Ihrer Concerte offeriren, wenn es nicht etwa von einer Gattung ist, die Sie ausgeschlossen haben. Es ist dieß etwas in einer neuen Form, nämlich ein Quartett-Concert für 2 Violinen, Viola und Violoncell mit großem Orchester in 3 Sätzen, die jedoch aneinanderhängen. Da Sie in Ihrem Orchester unbezweifelt für die 4 Soloinstrumente ausgezeichnete Künstler besitzen, so würden Sie es, wenn die Gattung nicht ausgeschlossen ist, gewiß mit Erfolg zu Gehör bringen können. Im nächsten unserer Abonnementconcerte werde ich es hier zum erstenmale geben und selbst die erste Principalgeige übernehmen; dann habe ich es Mendelssohn für eine Aufführung in Leipzig versprochen3; von dort kann es Ihnen dann direct zugeschickt werden, wenn ich von Ihnen erfahre, daß Sie es brauchen können.
Berlioz scheint ja für seine Spektakelmusik ein Publikum in Wien gefunden zu haben, da man ihm, wie ich in den Zeitungen4 lese, ein Fest und bey diesem einen silbernen Taktirstab gegeben5 hat! Der Himmel gebe nur, daß er unter unsern jungen Künstlern keine Nachahmer finde! Das würde noch ärgere Mißgeburten veranlassen, als die Nachahmung Beethovens.
Leben Sie wohl. Meine Frau empfiehlt sich Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin.
Mit vorzüglicher Hochachtu[ng] ganz
Ihr
ergebenster
Louis Spohr.
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Lannoy, Eduard von |
Erwähnte Personen: | Beethoven, Ludwig van Berlioz, Hector Holz, Carl Mendelssohn Bartholdy, Felix Siegel, Carl Friedrich Wilhelm |
Erwähnte Kompositionen: | Spohr, Louis : Konzert-Ouvertüre im ernsten Stil, op. 126 Spohr, Louis : Konzerte, Vl 1 2 Va Vc Orch, op. 131 Staehle, Hugo : Sinfonien, B.1.a.2 |
Erwähnte Orte: | Bonn Kassel Wien |
Erwähnte Institutionen: | Beethovenfest <Bonn> Concerts spirituels <Wien> Gewandhaus <Leipzig> Hofkapelle <Kassel> Siegel <Leipzig> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845122615 |
Dieser Brief ist die Antwort auf Lannoy an Spohr, 08.12.1845. Lannoy beantwortete diesen Brief am 05.01.1846.
[1] Auf bzw. über dem Adressfeld befinden sich die Poststempel: „Cassel / 26 / 12 / 1845“ und „Wien / 2 Jan“.
[2] Beim Fest zur Einweihung des Beethoven-Denkmals.
[3] Vgl. Spohr an Felix Mendelssohn Bartholdy, 06.12.1845.
[4] Vgl. „Tagesbulletin“, in: Humorist 9 (1845), S. 1178f., hier S. 1178.
[5] Vor „gegeben“ gestrichen: „ab“.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.04.2020).