Wilhelm Heisterhagen an Louis Spohr in Kassel

Hochgeehrter Herr Kapellmeister!

Durch briefliche Mittheilung erhalte ich so eben die Nachricht von dem plötzlichen Tode des Herrn Conzertmeister Wiele und da man Herrn Deichert als dessen Nachfolger bezeichnet, die Aussicht auf eine Vacanz im Kasseler Hoforchester. So angenehm nun meine gegenwärtigen Verhältnisse immerhin sein mögen, so wünsche ich doch lebhaft, schon um der Ehre willen wieder unter die Direction Ew. Wohlgeboren zu treten, als auch meiner künftigen Schwiegereltern wegen die ihre Tochter nur höchst ungern schieden sehen, nach Kassel zurückzukehren. Wenn ich mich deshalb im gegenwärtigen Fall an Ew. Wohlgeboren mit der Bitte wende, mich zu der in Rede stehenden Stellen vorzuschlagen, oder doch das Gesuch welches ich höheren Orts einzureichen gedenke, gütigst zu unterstüzen, so glaube ich hoffen zu dürfen keine Fehlbitte zu thun. Indem ich mich auf die Zeugnisse berufe die Ew. Wohlgeboren mir vor Jahren ertheilte, erlaube ich mir hiezuzufügen, daß ich seit meiner Abreise von Kassel mit unendlichen Eifer und Fleiß meine Studien betrieben habe, und dadurch so wie durch das Hören anderer Künstler, nicht ganz unbedeutende Fortschritte gemacht habe.
Einer geneigten Berücksichtigung meiner Bitte entgegensehend habe ich die Ehre zu sein

Ew. Wohlgeboren
ganz ergebener
W. Heisterhagen
Konzertmeister

Winterthur den 21^ten September
1845