Autograf: nicht ermittelt
Entwurf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus. ep. Meyerbeer, G. 93
Druck: Giacomo Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, Bd. 3, hrsg. v. Heinz Becker und Gudrun Becker, Berlin 1975, S. 612f.
Verehrter Herr Kapellmeister. Die Mitglieder der Königl-Kapelle von denen Sie sich hier umgeben sehen, haben mir als Ihrem alten, vieljährigen Freund1 den ehrenvollen Auftrag ertheilt das Organ einer Bitte2 zu sein welche sie Ihnen vorzutragen lassen.
Seit langen Jahren glänzt3 für uns Musiker alle der Name Spohr als ein leuchtendes Gestirn4 am musikalischen Horizont, doppelt strahlend durch den Glanz Classischer Tonschöpfungen wie durch hohe Würde des Charakters, der, nur dem Edlen und Wahren in der Kunst huldigend, stets verschmähete durch verwerfliche5 Mittel um die Gunst der Zeitgenossen zu buhlen. Darum6 theurer Meister lieben wir Sie als Mensch eben so sehr7 wie wir Sie als Künstler verehren; und darum8 wünscht die K.9 Kapelle Ihnen heute10 ein kleines aspruchsloses Zeugniß dieser ihrer11 Liebe und Verehrung überreichen zu dürfen,12
13 ein Zeugniß der Dankbarkeit zugleich für den neuen Kunstgenuß den wir14 Ihren herrlichen Kreuzfahrern verdanken15 deren Vorstellung uns alle so tief u innig ergriffen hat. Nehmen16 Sie mit Wohlwollen das einfache Liebeszeichen der K. Kapelle auf17 theurer Meister, u mir verzeihen Sie daß ich als ein Abc Schütz in der edlen Redekunst einen so großen Meister so schlicht u einfach18 haranguirt19 habe. Doch habe ich mir wenigstens20 einen Schlußsatz ausgedacht, den die K. Kapelle gewiß mit Begeisterung aufnehmen wird21: nämlich, bald kehre Meister Spohr mit einer neuen Partitur wieder unter uns zurück und lange Jahre lebe er Vivat hoch. Glücklich wird sich die Kapelle fühlen wenn Sie den kleinen Tribut ihrer Verehrung mit Wohlwollen empfangen, und sich dadurch bewogen fühlen bald wieder unter uns zurückzukehren. Wir aber meine Herren, bringen wir dem theuren Meister ein dreifaches Lebehoch.
Autor(en): | Meyerbeer, Giacomo |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | |
Erwähnte Kompositionen: | Spohr, Louis : Die Kreuzfahrer |
Erwähnte Orte: | |
Erwähnte Institutionen: | Hofkapelle <Berlin> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845072843 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist vermutlich Spohr an Meyerbeer, 23.07.1845. Spohr reagierte auf diese Rede mit einem Brief an die Hofkapelle Berlin, 29.07.1845.
Der Druck datiert dieses Schreiben auf den 26.07. Hierbei handelt es sich vielleicht um einen Lesefehler des Datums in Meyerbeers Taschenkalender (vgl. Druck, S. 612). Das Datum 28.07. ergibt sich eindeutig sowohl aus dem Tagebucheintrag von Marianne Spohr dieses Tages als auch aus Spohrs Antwortbrief. Zum Kontext der Rede vgl. auch die Darstellung in Louis Spohr, Louis Spohr's Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 298f.
[1] „als Ihrem alten, vieljährigen Freund“ über der Zeile eingefügt.
[2] „einer Bitte“ eingefügt über nichtgestrichenem „eines Wunsches“.
[3] „glänzt“ eingefügt über nichtgestrichenem „leuchtet“.
[4] „leuchtendes Gestirn“ eingefügt über nichtgestrichenem „Stern erster Größe“.
[5] „verwerfliche“ eingefügt über nichtgestrichenem „geringe“; das ganze „stets verschmähete durch verwerfliche Mittel“ eingefügt über nichtgestrichenem „der geringere Mittel stets verschmähete“.
[6] „Darum“ über über gestrichenem „Drum“ eingefügt.
[7] „eben so sehr“ über der Zeile eingefügt.
[8] „und darum“ über gestrichenem „und von dieser [???]“ gestrichen.
[9] „K.“ über der Zeile eingefügt; - wohl Abk. f. „königliche“.
[10] „heute“ über der Zeile eingefügt.
[11] „ ihrer“ über der Zeile eingefügt.
[12] Hier gestrichen: „die sich noch erhöhet hat durch Ihr [???] Meisterwerk welches uns alle so tief und innig ergriffen hat.“ (innerhalb dessen weitere Streichungen).
[13] Hier ein Wort gestrichen.
[14] „für den neuen Kunstgenuß den wir“ eingefügt über drei gestrichenen Wörtern.
[15] „verdanken“ über der Zeile eingefügt.
[16] „Nehmen“ über gestrichenem „Empfangen“ eingefügt.
[17] „auf“ über der Zeile eingefügt.
[18] „u einfach“ über der Zeile eingefügt.
[19] „haranguiren, feierlich anreden, eine Anrede halten“ (Friedrich Erdmann Petri, Gedrängtes Deutschungs-Wörterbuch der unsre Schrift- und Umgangs-Sprache, selten oder öfter entstellenden fremden Ausdrücke, zu deren Verstehn und Vermeiden, 3. Aufl., Dresden 1817, S. 217).
[20] „wenigstens“ über gestrichenem „allein“(?) eingefügt.
[21] „den die K. Kapelle gewiß mit Begeisterung aufnehmen wird“ unter nichtgestrichenem „das die K. Kapelle gewiß [???] wird“. - Am Ende der Seite die Einfügung: „Noch(???) hoffe ich daß mein Schlußsatz wenigstens den Beifall der König. Kapelle erwerben wird, denn er lautet“.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.09.2018).