Autograf: Nederlands Muziek Instituut Den Haag (NL-DHnmi), Sign. Collectie Noske
Faksimile: Brieven en oprdrachten van beroemde musici. Acht autografen uit een collectie van Willem Noske, hrsg. v. Willy Lievense, Buren 1985, S. 37
Druck 1: „Briefe an Richard Wagner”, in: Bayreuther Blätter 28 (1905), S. 275-286, hier S. 278f.
Druck 2: wie Faksimile, S. 38-43

Dem Königl. Sächsischen
Hofkapellmeister Herrn
Richard Wagner
Wohlgeb.
jetzt in
Marienbad.

frei.


Carlsbad den 14ten
Juli 1845.

Hochgeehrter Herr Kapellmeister,

Heute Vormittag besuchte uns ein Fürst Lubomirski und brachte mir Grüße von Ihnen aus Marienbad1, die ich auf das Herzlichste erwiedere.
Auch erzählte er, Sie hätten die Absicht geäußert, auf einen oder zwei Tage hieher zu kommen. Dieß veranlaßt mich, Ihnen sogleich zu schreiben und zu melden, daß ich nur bis zu Ende dieser Woche hier verweilen werde und untröstlich seyn würde, wenn Sie nach2 unserer Abreise hieher kämen und ich, so nahe bey Ihnen, Sie doch nicht gesehen hätte! Nächsten Sonntag reisen wir nämlich nach Berlin, wo ich am 25sten noch meine Oper selbst dirigiren werde, nachdem ich es bereits aufgegebon hatte. Ein heftiger Anfall meines alten Übels, der mich am Tage des Musikfestes in Oldenburg befiel, jedoch nicht hinderte dieses noch glücklich zu Ende zu bringen3, veranlaßte mich direkt hieher zu gehen und die Kur zu beginnen. Da ich mich jedoch, schon in Folge der Reise, bald besser befand, so kann ich es nun nicht über das Herz bringen, meine Oper so ganz ihrem Schicksal zu überlassen, um so weniger, da es außerhalb Cassel die erste Aufführung ist! Ich will daher die Leitung übernehmen, obgleich ich nur zu den beyden letzten Proben dort eintreffen kann. Lieber wäre es mir gewesen, während meiner Ferienzeit eine Aufführung in Dresden erlebt zu haben, da die Oper dort in den Hauptparthien besser besetzt sein wird wie in Berlin. Auch war es ja früher von dem Herrn Intendanten4 so bestimmt. Warum es dennoch nicht seyn konnte weiß ich nicht recht und ich muß nun wohl auf die Freude verzichten, da ich zu wenig Hoffnung habe, in diesem Herbst oder Winter einen Urlaub zu erhalten.
Doch, da ich der Hoffnung lebe, Sie noch hier zu sehen, so verspare ich dieß und manches andere für eine mündllche Unterredung. Haben Sie also wirklich die Absicht gehabt, hieher zu kommen, so beeilen Sie die Ausführung, damit mir endlich die Freude zu Theil werde, Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen.
Mit wahrer Hochachtung und Freundschaft ganz

der Ihrige
Louis Spohr

in der Apotheke zur
böhmischen Krone.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Wagner, Richard
Erwähnte Personen: Lubomirski, Kazimierz
Lüttichau, August von
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Die Kreuzfahrer
Erwähnte Orte: Berlin
Dresden
Karlsbad
Oldenburg
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Dresden>
Königliche Schauspiele <Berlin>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845071413

Spohr



Der letzte überlieferte Brief dieser Korrespondenz ist Wagner an Spohr, 04.03.1845. Wagner beantwortete diesen Brief am 16.07.1845.

[1] Vgl. Marianne Spohr, Tagebucheintrag 14.07.1845.

[2] Hier ein Wort gestrichen.

[3] Vgl. Marianne Spohr, Tagebucheintrag 26.06.1845.

[4] August von Lüttichau.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (24.08.2017).