Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Inhaltsangabe 1: Marianne Spohr, Tagebucheintrag 14.07.1845
Inhaltsangabe 2: H[einrich] K[arl] Breidenstein, Zur Jahresfeier der Inauguration des Beethoven-Monuments. Eine actenmäßige Darstellung dieses Ereignisses, der Wahrheit zur Ehre und den Festgenossen zur Erinnerung, Bonn 1846, S. 33
Inhaltsangabe 3: Louis Spohr, Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 299

Herrn Hof-Kapellmeister
Dr. L. Spohr
hochwohlgeboren
in
Carlsbad
 
frei
 
 
Bonn, Mittwoch den 9ten Juli 1845.
 
Sehr geehrter Herr
 
Als Ihr sehr erwartetes Schreiben aus Braunschweig vorgestern hier eintraf, hatten wir über das Schiksal unserer nach Cassel abgeschickten Briefe noch nichts erfahren; der Zufall wollte aber, daß an demselben Tage Seine Königliche Hoheit der Kurprinz von Hessen in Begleitung der Gräfin von Schaumburg1 auf der Reise nach Schweningen in Bonn vorbeifuhren. Die Gräfin Schaumburg, die sich einige Stunden hier in Bonn verweilte, hörte hier zuerst von unserem Gesuch an den Kurprinzen und unserer Bitte an Sie, glaubte auch, daß ihnen die Briefe nach Cöln würden nachgeschickt werden, und versprach, die Angelegenheit mit dem Kurprinzen selbst zu befürworten. Die Gelegenheit, dem Kurprinzen persönlich unsere Bitte vorzutragen, da er in Cöln sich einen Tag aufzuhalten gedachte, bestimmte uns indessen, eine Delegation des Comité dorthin zu senden mit dem Auftrag, Seine Königliche Hoheit und die erlauchte Gemahlin für das bevorstehende Fest noch einmal einzuladen, und zu gleicher Zeit die Gewehrung eines Urlaubs für Sie, verehrtester Herr Kapellmeister, zu erbitten. Ich theile Ihnen nun umgehend mit, daß unsere Sendung, es waren damit Herr von Salomon und ich beauftragt, den besten Erfolg gehabt hat. Der Kurprinz nahm uns sehr freundlich auf, und gewährte unsere Bitte, das heißt den Urlaub für Sie sogleich. Scherzend bemerkte er, daß Sie selbst ihn noch nicht um den Urlaub gebeten, worauf wir ihm aber erklärten, daß Sie das Einladungsschreiben des Comités noch gar nicht empfangen hätten, als Antwort auf ein zweites Schreiben aber die Befürchtung ausgesprochen, es werde Ihnen kein Urlaub zu Theil werden. Nachdem wir unsern Zweck erreicht hatten, baten wir noch den Intendanten Ihnen das Urlaubsschreiben nach Carlsbad auszufertigen, und baldigst besorgen zu wollen.
Somit geben wir uns der sichersten Erwartung hin, die großen Beethovenkompositionen2 von Ihnen geleitet zu sehen, hoffen auch, daß Ihnen nun das Einladungsschreiben von Seiten des Comités zugegangen sein wird, zugleich aber wünschen wir, daß sich Ihre Gesundheit im Bade recht dauernd befestigen möge, und Sie uns recht bald Nachricht von Ihrem Wohlbefinden geben3 und die Mittehilung, wann wir Sie hier erwarten dürfen, machen können. Das Festprogramm wird morgen in den Zeitungen veröffentlich; der Anfang der Generalproben ist auf den 7ten August festgesetzt
Mit den Concertproben ist schon fleißig begonnen, und alle Vorbereitungen zu dem ihm großartigsten Plane angelegten Feste sind in vollem Gange. Die Nachricht von Ihrem Urlaub erregte die allgemeinste Freude, und harren wir noch einmal auf eine gütige Mittehilung.
 
Mit der ausgezeichnetesten Hochachtung
Im Auftrage des Comités
Dr. Schaafhausen.

Autor(en): Schaaffhausen, Hermann
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Friedrich Wilhelm Hessen-Kassel, Kurfürst
Gertrude Hessen-Kassel, Kurfürstin
Erwähnte Kompositionen: Beethoven, Ludwig van : Missa solemnis
Beethoven, Ludwig van : Sinfonien, op. 125
Erwähnte Orte: Bonn
Köln
Scheweningen
Erwähnte Institutionen: Beethovenfest <Bonn>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845070949

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Schaffhausen, 04.07.1845. Spohrs Antwortbrief ist derzeit verschollen.
Inhaltsangabe laut Tagebuch von Marianne Spohr: „Brief von Bonn mit der Meldung, daß der Kurprinz gegen alles Erwarten, einer an ihn gesandten Deputation den Urlaub für Spohr zum Beethovenfest bewilligt.“ Inhaltsangabe nach Breidenstein: „Eine Deputation der Musikcommission begab sich eiligst nach Cöln, erbat sich bei S. Hoh. Audienz, und trug demselben die Bitte um Urlaub für Herrn Spohr mündlich vor, welche auch sogleich auf das Huldreichste von S. Hoheit bewilligt wurde. Wir meldeten diese frohe Nachricht ungesäumt Herrn Spohr nach Carlsbad [...]“.
 
[1] Gertrude Gräfin von Schaumburg, spätere Kurfürstin, die selbst aus Bonn stammte.
 
[2] Missa Solemnis und 9. Sinfonie op. 125.
 
[3] „geben“ über der Zeile eingefügt.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (19.10.2017).