Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.6 <Breidenstein 18450704>
Inhaltsangabe 1: H[einrich] K[arl] Breidenstein, Zur Jahresfeier der Inauguration des Beethoven-Monuments. Eine actenmäßige Darstellung dieses Ereignisses, der Wahrheit zur Ehre und den Festgenossen zur Erinnerung, Bonn 1846, S. 33
Inhaltsangabe 2: Louis Spohr, Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 299

Braunschweig den 4ten
Juli 1845

Wohlgeborner
Hochgeehrter Herr Doktor,

Ihr geehrtes Schreiben kam vorgestern in Bremen in meine Hände1; ich verzögerte jedoch die Antwort, weil ich hier in Briefen aus Cassel zu erfahren hoffe, ob die Schreiben an den Prinz und die Gräfin2 übergeben, und welches Resultat sie gehabt haben. Ich erfahre nun zwar, daß die Briefe von meiner Schwägerin3 an den Herrn Oberkammerherrn von Malsburg abgegeben sind, weiß aber nicht, ob sie der Prinz und die Gräfin noch vor ihrer Abreise nach Scheweningen erhalten und ob sie sich darüber geäußert haben. Doch muß ich befürchten, daß ein Gesuch um Urlaub in der ersten Hälfte des August‘s jedenfals abschläglich beantwortet werden wird, da für den 20sten August, des Prinzen Geburtstag, noch eine neue große Oper (nach dem Wiederbeginn unsers Theaters) einstudirt werden muß,4 wobey ich durchaus nicht fehlen darf. So sehr ich mich daher auch durch Ihre Einladung geehrt fühle und so gern ich ihr gefolgt wäre, so scheint es mir doch am rathsamsten, daß Sie nicht weiter auf mich reflektiren und bey Zeiten einen andern Direktor einladen. - Ich gehe von hier nach5 Carlsbad, um dort eine 3 wöchentliche Kur zu gebrauchen; denn ein heftiger Krankheitsanfall, der mich am Tage der großen Musikaufführung in Oldenburg überfiel6, hat mich ernst gemahnt, dieselbe nicht länger zu verschieben. Sollten Sie nun vom Prinz oder der Gräfin eine Mittheilung erhalten, die Sie veranlassen könnte7 an mich zu schreiben, so bitte ich den Brief nach Carlsbad zu adressiren wo er sicher in meine Hände kommen wird.
Mit vorzüglicher Hochachtung habe ich die Ehre zu seyn

Ihr
ergebenster
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Schaaffhausen, Hermann
Erwähnte Personen: Friedrich Wilhelm Hessen-Kassel, Kurfürst
Gertrude Hessen-Kassel, Kurfürstin
Malsburg, Wilhelm von der
Pfeiffer, Caroline
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Bremen
Karlsbad
Kassel
Oldenburg
Scheweningen
Erwähnte Institutionen: Beethovenfest <Bonn>
Hoftheater <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845070419

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Schaaffhausen an Spohr, 27.06.1845. Schaaffhausen beantwortete diesen Brief am 09.07.1845.
Breidenstein gibt den Briefinhalt in seiner Gedenkschrift wieder: „Unterm 4. Juli antwortete Herr Dr. Spohr von Braunschweig aus: ,er sei nicht abgeneigt, unserer Bitte zu willfahren, befürchte jedoch, dass unser Gesuch um Urlaubsbewilligung für die erste Hälfte Augusts jedenfalls abschläglich würde beantwortet werden, da am 20. August des Kurprinzen Mitregenten Geburtstag sei, und dafür eine neue Oper einstudirt werden müsse, wobei er durchaus nicht fehlen dürfe. So sehr er sich daher auch durch unsere Einladung geehrt fühle, und so gerne er ihr gefolgt wäre, so scheine es ihm doch am rathsamsten, dass wir nicht weiter auf ihn reflectirten.‘“
In seinem Brief an Adolph Hesse, 07.07.1845 gibt Spohr den Inhalt dieses Briefs drei Tage später anders wieder: „Ich habe aber abgelehnt, weil ich die Sache, die dort gemacht werden sollte, die 9te Sinfonie und die große Messe, nicht liebe und für diese die große Arbeit und Anstrengung nicht übernehmen mag.“ Dort erklärt Spohr auch, er habe den Brief aus Bonn in Oldenburg erhalten. Klaus Wolfgang Niemöller zitiert den Brief an Hesse nach Folker Göthel als Absagebrief an das Bonner Komitee (Niemöller, „Louis Spohr und die Musikfeste im Rheinland. Der Oratorien-Komponist und Musikfest-Dirigent in den musikkulturellen Kontexten der Aufführungen“, in: Die Oratorien Louis Spohrs. Kontext – Text – Musik, hrsg. v. Dominik Höink, Göttingen 2015, S. 103-130, hier S. 127; vgl. Göthel, „Spohrs Leben und Wirken in Kassel 1822-1859“, in: Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 2, S. 183-210, hier S. 194).

[1] Laut Marianne Spohr, Tagebucheintrag, 01.07.1845 erhielt Spohr diesen Brief bereits einen Tag früher.

[2] Gertrude Gräfin von Schaumburg, spätere Kurfürstin, die selbst aus Bonn stammte.

[3] Caroline Pfeiffer.

[4] Hier ein Buchstabe gestrichen.

[5] Hier ein Buchstabe gestrichen.

[6] Vgl. Marianne Spohr, Tagebucheintrag 26.07.1845.

[7] Am Wortende gestrichen: „n“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (16.10.2017).