Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Ew. Hochwohlgeboren

werden dem bevorstehenden Feste der Enthüllung des Beethoven-Monumentes, einer von dem ganzen Vaterlande dem großen Meister dargebracten Huldigung, gewiß Ihre Theilnahme nicht versagen. In der Erwägung, daß einem solchen Feste der berühmte Name eines Lebensden vorleuchten muß, daß die Leitung desselben nur einer bewährten Künstlerhand anvertraut werden darf, fühlt sich das unterzeichnete Comité bewogen, an Sie, verehrtester Herr, die höflichste und dringendste Aufforderung ergehen zu lassen, die Direktion des großen Conzertes, für welches ausschließlich Meisterwerke Beethoven‘s, namentlich aber die neunte Symphonie und die zweite Messe bestimmt sind, übernehmen zu wollen. Um die Erfüllung dieses unseres lebhaftesten Wunsches in jeder Weise zu unterstüzen, haben wir nicht unterlassen wollen, zu gleicher Zeit einliegend ein Gesuch an Seine Hoheit den Kurprinzen und Ihre Erlaucht die Gräfin Schaumburg1 um gnädigste Gewährung eines Urlaubs beizufügen. Wir sehen mit zuversichtlicher Erwartung einer möglichst baldigen Antwort auf unser Schreiben und Ihrer freundlichen Zusage entgegen, und werden diese als eine sichere Bürgschaft für das großartige Gelingen des ganzen Festes begrüßen.
Die Festlichkeiten sind auf den 10ten, 11ten und 12ten August angesetzt, die Aufführung des großen Conzertes auf den 10ten, als den Vorabend der Enthüllung des Monumentes.
Wir erlauben uns, Ihnen unser Gesuch noch einmal dringend an‘s Herz zu legen. Möchten Sie im Voraus einen Lohn für Ihre Bemühungen an dem schönen Bewußtsein finden, dem großen Genius ein öffentliches Zeichen Ihrer Anerkennung und Verehrung dargebracht zu haben.
Mit aller Hochachtung zeichnet

die Mitglieder des Comite‘s für
Beethoven‘s Monument.
Breidenstein
Walter2 Kneisel
Gerhards

Bonn, den 22ten Juni 1845.

An
den Hofkapellmeister
Herrn Dr. Spohr
Hochwohlgeboren
in
Cassel.



Nachdem das Komitee annahm, dass Spohr dieser Brief nicht erreichen würde, sandte Hermann Schaaffhausen im Auftrag des Komitees am 27.06.1845 einen weiteren Brief an Spohr.
Der Brieftext stammt offensichtlich von einem anderen Schreiber als den vier Unterzeichnern Heinrich Carl Breidenstein, Ferdinand Walter, Carl Moritz Kneisel und Hermann Joseph Gerhards.

[1] Die Ehefrau Gertrude des damaligen kurhessischen Prinzregenten und späteren Kurfürsten Friedrich Wilhelm I stammte aus Bonn (vgl. hierzu auch Spohr an Wilhelm Speyer, 26.01.1839).

[2] Obwohl Ferdinand Walter Spohr beim Beethoven-Fest traf (Marianne Spohr, Tagebucheintrag, 06.08.1845), erwähnt er in seinen Memoiren nur seine persönlich Bekanntschaft mit Liszt (Ferdinand Walter, Aus meinem Leben, Bonn 1865, S. 168.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (16.10.2017).