Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.1 <18450619>
Beleg: Autographen. Historische Autographen, literarische Autographen, Musiker, Schauspieler und bildende Künstler, Stammbücher. Versteigerung am 20., 21. und 22. Oktober 1926 (= Katalog Liepmannssohn 48), Berlin 1926, S. 174f.

Sr. Wohlgeb
Herrn Adolph Hesse
Königl. Preußischer Musik-
director in
Breslau.

frei.0
 
 
Cassel den 19ten
Juni 1845.
 
Geliebter Freund,
 
In Eile, wenige Stunden vor der Abreise nach Oldenburg, melde ich Ihnen nur noch, daß die Aufführung meiner Oper in Dresden während der Ferienzeit nicht zu Stande kommen wird, sondern erst im Spätherbste. Ob ich alsdann einen 8 tägigen Urlaub zu einer Reise nach Dresden erhalten werde, wird die Zukunft lehren.
In Berlin ist die Aufführung der „Kreuzfahrer“ auf den 25sten Juli bestimmt und ich werde0a dort schon den 14ten oder 15ten eintreffen, um alle die letzten Proben selbst leiten und das in Scene setzen beaufsichtigen zu können. Obgleich die Besetzung nicht ganz meinen Wünschen angemessen ist, so wird es doch hoffentlich im Ganzen genommen eine gute Aufführung werden und ich freue mich daher sehr, daß Sie kommen und derselben beywohnen wollen. Kommen Sie nur nicht zu spät, damit wir recht viel zusammen seyn und einige Ausflüge gemeinschaftlich machen können. Wo ich wohnen werde, weiß ich nocht nicht; Sie werden uns aber leicht beym Kapellmeister Taubert oder beym Director Rungenhagen erfragen können.
Alles Übrige verschiebe ich auf mündliche Besprechung. Meine Frau läßt Sie bestens grüßen.
 
Von Herzenswunsch
der Ihrige
Louis Spohr
 
NS. Nach Oldenburg reise ich, um dort ein großes Concert zu dirigiren, dessen Ertrag zur Errichtung einer Wittwenkasse der Orchestermitglieder bestimmt ist. Es werden nur Kompositionen von mir gegeben. Das Vater-Unser, die 5t Sinfonie, das 1st Clarinettenconcert, eine Arie1, eine Ouverture im Manuscipt und mein neues Violinconcert, von mir gespielt.



Dieser Brief ist die Antwort auf Hesse an Spohr, 07.06.1845. Der nächste Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Hesse, 07.07.1845.
 
[0] [Ergänzung 17.01.2022:] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „CASSEL / 18 / 6 / 1[84]5]“, auf der Rückseite des zusammengefalteten Briefumschlags die Stempel „BERLIN / 21 JUNI“, „[…] / 22 / 6 / [...]“ und „AUSG. / 22 / 6 / No 2“.
 
[0a] [Ergänzung 17.01.2022:] „werde“ über der Zeile eingefügt.
 
[1] Marianne Spohr zufolge wurde ein Duett aus Jessonda aufgeführt (vgl. Tagebucheintrag 25.06.1845).
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (22.10.2015).