Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus.ep. Spohr-Correspondenz 2,235
Druck: [Ernst Rychnovsky], Beschreibendes Verzeichnis der Autographen-Sammlung Fritz Donebauer in Prag, 2. Aufl., Prag 1900, S. 285 (teilweise)
Beleg 1: Autographen-Sammlung enthaltend Musiker-Briefe und Musik-Manuskripte aus dem Nachlasse des berühmten Komponisten Louis Spohr (1784-1859) nebst Beiträgen aller Art (Fürsten,Staatsmänner, Dichter, Gelehrte, Künstler, etc.) aus dem Besitz eines bekannten Berliner Sammlers. Versteigerung zu Berlin Montag, den 15. und Dienstag, den 16. Oktober 1894 (= Katalog Liepmannssohn), Berlin 1894, S. 69
Beleg 2: Sammlung Fritz Donebauer, Prag. Briefe, Musik-Manuscripte, Portraits zur Geschichte der Musik und des Theaters. Versteigerung vom 6. bis 8. April 1908 (= Katalog Stargardt), Berlin 1908, S. 97
Beleg 3: Georg Kinsky, Versteigerung von Musiker-Autographen aus dem Nachlaß des Herrn Kommerzienrates Wilhelm Heyer in Köln im Geschäftslokal der Firma Karl Ernst Henrici. Montag, den 6 und Dienstag, den 7. Dezember, Bd. 1, Berlin 1926, S. 101

Berlin den 13ten Juni 1845.
 
Hochverehrtester Herr Kapellmeister!
 
Ihnen aus Herzensgrund für Ihre freundlichen Zeilen meinen Dank sagend, beeile ich mich, Ihrem Wunsche nachzukommen, und Sie von dem Stande der Angelegenheiten Ihrer Oper1 zu unterrichten. Zuerst darf ich Sie über das Zustandekommen der Aufführung zur gewünschten Zeit beruhigen, indem ich bereits die nöthigen vorbereitenden Clavierproben vor dem Beginn der Ferien abgehalten habe. Kommen alle Sänger und Sängerinnen gesund und pünktlich zurück, und fällt sonst nichts Außergewöhnliches Störendes an, so ist gar kein Zweifel, daß die Zeit der ersten Aufführung Ihrem Wunsche entsprechen werde. Ihr zeitiges Hieherkommen wird dafür von großem Nutzen sein, indem die Sänger sich mehr zusammennehmen werden, die Proben mehr hintereinander, und ungestörter durch das übrige Repertoir (so hoffe ich), Statt finden werden. Der Chor studiert auch schon jetzt davon, und vorbereitende Orchesterproben werde ich auch zeitig halten; so daß Alles im Gange ist, wenn auch freilich bei der Rückkehr der Sänger nach den Ferien, ich mit diesen ziemlich von vorn wieder anfangen zu müssen fürchte. Doch wird es dann schon schneller wieder ins Gedächtniß zurückzurufen sein. – Was nun Ihre zweites bedenken, über die Orgel, betrifft, so thut es mir leid, Ihnen dazu gar keine Aussicht eröffnen zu können. Seitdem die alte unbedeutende Orgel durch den Brand2 verloren ist, hat sich der G.M.3 Meyerbeer bis jetzt vergebens bemüht, eine den Bedürfnissen entsprechende neue zu finden und anzuschaffen, so daß er gezwungen ist, auch in seinen Opern die Orgel durch Blasinstrumente zu ersetzen. Im Schauspielhause ist gar keine. Kürzlich haben wir erst eine zum Ankauf vorgeschlagene im Opernhaus probirt, die sich aber für die Größe des Hauses, so wie in Verbindung mit dem Orchester, zu schwach und ungenügend erwies, so daß nun freilich nichts übrig bleibt, als daß Sie sich zur Instrumentierung bequemen, und mir gefälligst die Partitur davon im Laufe des Monats noch wollen zukommen lassen. Meyerbeer, der noch hier ist, und Sie herzlich grüßen läßt, habe ich Ihren die Orgel betreffenden Wunsch mitgetheilt. Er bedauert sehr, daß wir außer Stande sind, ihn Ihnen zu erfüllen. –
Wie sehr ich mich nun auf Ihre erneuerte Bekanntschaft (ich war vor etwa 19 Jahren als fünfzehnjähriges Individuum mit Wild bei Ihnen in Cassel, Sie hatten gerade die Partitur der weißen Dame bekommen, und verwunderten sich über den Reichthum der harmonischen Behandlungdes zweiten Themas der Ouvertüre) und auf Ihre längere Anwesenheit in Berlin freue, kann ich Ihnen nicht genug sagen. Eben so wenig brauche ich noch hinzuzufügen, daß ich jede Sorgfalt an die Vorstudien Ihres schönen Werkes legen werde, als ob es das meinige wäre. Indem ich also nocheinmal an zeitige Einsendung der Orgelinstrumentierung erinnere, spreche ich auch den Wunsch aus, daß Sie mir wirklich mit eine Zeile zur Zeit den Tag Ihrer Ankunft genau bestimmen, und schließe uner der Versicherung meiner aufrichtigsten Verehrung mit der Bitte, mich Ihrer Frau Gemahlin unbekannter Weise empfehlen zu wollen.
 
Ihr ergebenster
Wilhelm Taubert.
Berlin. Hausvogteiplatz 11.

Autor(en): Taubert, Wilhelm
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Meyerbeer, Giacomo
Wild, Franz
Erwähnte Kompositionen: Boïeldieu, François-Adrien : La dame blanche
Spohr, Louis : Die Kreuzfahrer
Erwähnte Orte: Berlin
Kassel
Erwähnte Institutionen: Königliche Schauspiele <Berlin>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845061344

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Taubert, 07.06.1845. Der nächste überlieferte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Taubert, 29.06.1845.
 
[1] Die Kreuzfahrer.
 
[2] „Sämmtliche Opern- und Ballet-Garderoben, viele Partituren und die meisten Instrumente des Orchesters, wovon einige sehr kostbar waren, sind mit verbrannt; vom Gebäude selbst sind nur die äußeren Mauern stehen geblieben. Feodor Wehl, „[Brief aus Berlin: Der Brand des Opernhauses], in: Zeitung für die elegante Welt 43 (1843), S. 857f., hier S. 858.
 
[3] General-Musikdirektor.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (30.10.2017).