Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.7 <18450515>
Cas[sel ...]1
Mai 18452
Geehrter Herr,
Ihr Eifer für unsere herrliche Kunst hat etwas rührendes und wenn Ihr Talent dafür nur halb so groß ist wie dieser, so kann man Ihnen nicht abrathen, sich ganz der Musik zu widmen. Fühlen Sie aber grundsätzlich den Drang zum eigenen Schaffen, so ist ein gründlicher Cursus der Kompositionslehre bei einem tüchtigen Lehrer das zuerst erforderliche. Ich selbst gebe keinen Unterricht in der Komposition, sondern weiß meinen Violinschülern stets an Herrn Hauptmann, früher hier, jetzt in Leipzig, Cantor an der Thomasschule, einer der ersten Theoretiker Deutschlands. An diesen sich zu wenden, rathe ich auch Ihnen und sollte er vielleicht der Schüler zu viele haben, um Sie annehmen zu können, so wenden Sie sich nach Weimar an Herrn Kammermusikus Lobe, der ebenfalls ein vorzüglicher Lehrer der Komposition ist. Sind Sie dann so weit, daß Sie sich an eigenen Arbeiten versuchen können, so senden Sie mir von diesen etwas zur Ansicht und ich
werde Ihnen dann weiteren Rath ertheilen können. Versäumen Sie aber ja nicht, wohin Sie auch gehen, so gleich im Clavier- und Orgel-Spiel bey einem tüchtigen Meister Unterricht zu nehmen und suchen Sie sich so viel Fertigkeit wie möglich auf diesem Instrument zu erwerben.
Mit dem Wunsche, daß mein Rath Sie recht bald auf die richtige Bahn führen möge, auf der Sie sich zum tüchtigen Künstler ausbilden können, hochachtungsvoll
Ihr
ergebener
Louis Spohr.
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | unbekannt |
Erwähnte Personen: | Hauptmann, Moritz Lobe, Johann Christian |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845051515 |
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[1] Textverlust durch Abriss des oberen Blattrands; vom „Cas“ ist nur das untere Drittel zu erkennen.
[2] „1845“ ist stark verblasst.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (31.01.2024).