Autograf: Stiftelsen Musikkulturens Främjande Stockholm (S-Smf), Sign. LTR 6082
Druck: Autographen. Musik und Kunst, Goethe und seine Zeit, Literatur und Wissenschaft: aus einem Nachlaß und anderem Besitz. Versteigerung: 27. April, 28. April 1928 (Katalog Henrici 132), Berlin 1928, S. 45 (teilweise)

An
den königl. Sächsischen Hofka-
pellmeister Herrn Reisiger
Wohlgeb.
In
Dresden.
 
frei.
 
 
Cassel den 15ten Mai
1845.
 
Hochgeehrter Freund,
 
Schon längst hatte ich die Absicht Ihnen zu schreiben und meine Freude auszudrücken, daß mir auf Veranlaßung meiner Oper das große Vergnügen bevorsteht, Sie in diesem Sommer wiederzusehen und einige Tage in Ihrer Gesellschaft zu verleben; doch verschob ich es immer wieder, weil ich vorher von Dresden auf Nachricht hoffte, wie die Oper besetzt wird, wann das Einüben beginnt und wer sich dieser Mühe unterziehen wird. Da nun aber die Zeit heranrückt, wo ich zur besten Benutzung meiner kurzen Ferienzeit Plan zur Reise, die mich außer Dresden auch nach Oldenburg und Berlin führen wird, entwerfen muß; da ich von Herrn Quanter1, der zum Besuch hier ist, erfahren habe daß die Oper besetzt ist und die Proben begonnen haben, da ich ferner nach einem, vor längerer Zeit von Herrn Kapellmeister Wagner erhaltenen Schreiben2 vermuten muß, daß Sie sich des Einübens meiner Oper gütigst annehmen werden, so will ich es nun nicht länger verschieben Ihnen einige Bitten an‘s Herz zu richten, daß die Nische, in welche Emma eingemauert wird, vis a vis vom Zuschauer angebracht wird, so daß aus allen Theilen des Hauses dieses Einmauern über den Köpfen der, im Vordergrunde knienden Nonnen gesehen werden könne.
Ich will versuchen durch eine Zeichnung meine Idee klarer zu machen.
 
[Zeichnung]
 
Die Prozession der Nonnen kommt vom Hochaltar die Stufen herab. Beym Eindringen der Türken, welches aus der Seitencoullise geschieht, fliehen sie hinter das Gitter und bleiben dort bis zum Schluß der Oper. Die Türken nehmen den Vordergrund ein zu beyden Seiten der Solosänger.
Doch genug und entschuldigen Sie, daß ich Sie so mit Bitten behelligt habe und erlauben Sie mir noch die letzte, mich bald mit einigen Zeilen erfreuen zu wollen.
Mit wahrer Hochachtung und Freundschaft ganz
 
der Ihrige
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Reissiger, Carl Gottlieb
Erwähnte Personen: Quanter, Carl
Wagner, Richard
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Die Kreuzfahrer
Erwähnte Orte: Berlin
Kassel
Oldenburg
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Dresden>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845051514

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Reissiger, 23.11.1839. Reissiger beantwortete diesen Brief am 24.05.1845.

[1] Vermutlich der Dresdener Hofschauspieler Carl Quanter.

[2] Richard Wagner an Spohr, 04.03.1845.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.04.2019).