Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus. ep. 1122
Druck: Giacomo Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, Bd. 3, hrsg. v. Heinz Becker und Gudrun Becker, Berlin 1975, S. 799f.

Sr. Hochwohlgeb.
Herrn Generalmusikdirektor
Meyerbeer Ritter pp
in
Berlin.

frei.1


Cassel den 11ten April
1845.
 
Hochverehrter Freund,
 
Ihre beyden lieben Briefe sind richtig in meine Hände gekommen. Herr Wichmann, der mir den ersten überbrachte, ist bereits in voller Thätigkeit und schreibt jetzt ein Trio für Piano, Violine und Cello. Er scheint das Wesentlichste für einen Komponisten, Erfindung zu besitzen und so wird er sich auch schon noch das Übrige aneignen und sein Aufenthalt hier ihm von Nutzen seyn. Der 2te Ihrer lieben Briefe giebt mir die erfreuliche Nachricht, daß die Parthie der Äbtissin in meiner Oper durch Fr. v. Faßmann besetzt werden kann und daß nun der Aufführung derselben in der 2ten Hälfte des Juli kein wesentliches Hinderniß entgegensteht. Recht sehr habe ich nun noch zu bitten, daß der Tag der Aufführung nicht später als für den 26sten, allerspätestens den 27sten Juli angesetzt werde, damit ich vor Ablauf des Monaths noch die Rückreise nach Cassel machen kann. Könnte die Aufführung noch einige Tage früher seyn, so wäre es mir natürlich noch lieber. - Auch wage ich noch eine Bitte, nämlich die, daß Sie vor Ihrer Abreise Herrn Kapellmeister Taubert, oder wer sonst die Vertheilung der Rollen und das Einüben der Musik übernehmen wird, in meinem Namen folgende Bitten an‘s Herz legen wollen: 1.) daß die kleinen Rollen, die für die Wirkung des Ganzen so wichtig sind, möglich gut besetzt werden, 2.) daß die Tempi gleich in der ersten Zimmerprobe nach der Metronombezeichnung genommen werden, damit die Sänger sich daran gewöhnen, 3.) daß die vielen Rezitative a Tempo auch ganz streng im Takt gesungen werden und 4.) daß der Dirigent keine Verzierungen oder Zusätze der Sänger dulde. - Und da ich nun einmal in‘s Bitten hineingerathen bin, so thue ich auch noch die, daß Sie, wenn‘s einigermaßen zu machen ist, Ihren Besuch in Berlin so einzurichten, daß ich Sie dort treffe und mir die Freude zu Theil werde, Sie nach so langer Zeit einmal wieder zu sehen; oder reisen Sie später dort hin, daß Sie dann Ihren Weg über Cassel nehmen und mich besuchen.
In dem ich Ihnen von Herzen wohl zu leben wünsche, mit wahrer Hochachtung und inniger Freundschaft ganz
 
der Ihrige
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Meyerbeer, Giacomo
Erwähnte Personen: Faßmann, Auguste von
Taubert, Wilhelm
Wichmann, Hermann
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Die Kreuzfahrer
Wichmann, Hermann : Trios, Vl Vc Kl, op. 10
Erwähnte Orte: Berlin
Kassel
Erwähnte Institutionen: Königliche Schauspiele <Berlin>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845041113

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf die beiden Briefe Meyerbeer an Spohr, 26.03. und 02.04.1845. Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Meyerbeer an Spohr, 05.05.1845.

[1] [Ergänzung 04.11.2022:] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „CASSEL / 11 / 4 / 1843“, auf der Rückseite des zusammengefalteten Briefumschlags befindet sich der Stempel „14 / N 1 / 4“

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.09.2018).