Autograf: The British Library London (GB-Lbl), Sign. Add. 34267 f. 4
Druck: Giacomo Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, Bd. 3, hrsg. v. Heinz Becker und Gudrun Becker, Berlin 1975, S. 575
Beleg: Catalogue of additions to the manuscripts in the British Museum in the years MDCCCLXXXVIII-MDCCCXCIII, London 1894, S. 273

Hochverehrter Herr u. Freund!

Erlauben Sie mir Ihnen durch diese Zeilen einen jung[en] talentvollen Komponisten vorzustellen, welcher obgleich er einen mehrjährigen Unterricht beim H. Professor Rungenhagen, u. später beim Kapellmeister Taubert genoß, jetzt von seinen Eltern ermächtigt ist eine große Reise durch Frankreich u. Italien anzutreten, dennoch aber Deutschland nicht eher verlassen will, bis er auch einige Zeit den Rath u. die Lehre des großen classischen Tonmeisters Louis Spohr genoßen hat. Der Vater des jungen Komponisten ist einer der Coryphéen der deutschen Bildhauer, der berühmte Professor Wichmann. Innig mit dieser trefflichen Familie befreundet, würde es mich hoch erfreuen wenn es dem jungen Herrmann Wichmann gelänge Ihre Theilnahme, u Ihren Rath für seine künstlerische Leistungen zu gewinnen. Ich selbst kenne nur sehr weniges von den Arbeiten des jungen Komponisten, indeß aus diesen Stücken scheint mir viel Gefühl, u. ein achtungswerthes Streben nach einer edlen Auffassung hervorzugehen.1
Mit Ungeduld erwartet das Theater die Ankunft der Partitur Ihrer Kreuzfahrer um daraus zu entnehmen ob die Rolle der Äbtissin für die jetzigen Stimmittel der Frau von Faßmann möglich ist, weil hiervon die Möglichkeit abhängt das Werk zu dem von Ihnen bestimmen Zeitpunkte geben zu können.
Genehmigen Sie hochverehrter Meister die Versicherungen der unwandelbaren Verehrung u. Freundschaft Ihres

ergebensten
Meyerbeer.

d 26sten März 45.

Autor(en): Meyerbeer, Giacomo
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Faßmann, Auguste von
Rungenhagen, Carl Friedrich
Taubert, Wilhelm
Wichmann, Hermann
Wichmann, Ludwig Wilhelm
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Die Kreuzfahrer
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Königliche Schauspiele <Berlin>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845032643

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Meyerbeer, 09.03.1845. Spohr beantwortete diesen und Meyerbeers folgenden Brief vom 02.04.1845 am 11.04.1845.

[1] Zu Wichmanns Unterricht bei Spohr und Aufenthalt in Kassel vgl. Hermann Wichmann, Frohes und Ernstes aus meinem Leben, Leipzig 1898, S. 124-134.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (04.05.2018).