Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus.ep. Spohr-Correspondenz 2,121
Druck: Giacomo Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, Bd. 3, hrsg. v. Heinz Becker und Gudrun Becker, Berlin 1975, S. 570ff.
Inhaltsangabe: [Ernst Rychnovsky], Beschreibendes Verzeichnis der Autographen-Sammlung Fritz Donebauer in Prag, 2. Aufl., Prag 1900, S. 183
Beleg 1: Autographen-Sammlung enthaltend Musiker-Briefe und Musik-Manuskripte aus dem Nachlasse des berühmten Komponisten Louis Spohr (1784-1859) nebst Beiträgen aller Art (Fürsten, Staatsmänner, Dichter, Gelehrte, Künstler, etc.) aus dem Besitz eines bekannten Berliner Sammlers. Versteigerung zu Berlin Montag, den 15. und Dienstag, den 16. Oktober 1894 (= Katalog Liepmannssohn), Berlin 1894, S. 59
Beleg 2: Sammlung Fritz Donebauer, Prag. Briefe, Musik-Manuscripte, Portraits zur Geschichte der Musik und des Theaters. Versteigerung vom 6. bis 8. April 1908 (= Katalog Stargardt), Berlin 1908, S. 97
Beleg 3: Musik. Autographen Manuskripte Partituren Bücher (= Katalog Boerner 16), Leipzig 1910, S. 70
Beleg 4: Georg Kinsky, Versteigerung von Musiker-Autographen aus dem Nachlaß des Herrn Kommerzienrates Wilhelm Heyer in Köln im Geschäftslokal der Firma Karl Ernst Henrici. Montag, den 6 und Dienstag, den 7. Dezember, Bd. 1, Berlin 1926, S. 100

Hochverehrtester Meister, innigst verehrter Freund!
 
Ihr lieber Brief hat mich mit der innigsten Freude erfüllt, und es ist meinem Herzen eine wahre Genugthuung, daß auch Sie inmitten Ihres vielbewegten Lebens und Ihrer so glänzenden KunstCarriere der schönen jugendlichen Tage noch nicht vergessen haben, die wir in Rom und Wien miteinander verlebt, und deren ich mich stets wieder erinnere, so oft ich eines Ihrer Meisterwerke bewundere. Gleich nach Empfang Ihres werthen Schreibens habe ich über dessen Inhalt mit dem Herrn General-Intendanten von Küstner Rücksprache genommen. Von den beiden ersten Sängerinnen, die wir gegenwärtig besitzen, Dem. Marx und Dem. Tuzcek, hat die Letztere noch einen Monat länger als die Juny-Ferien Urlaub, und kehrt mithin erst in den ersten Tagen des August nach Berlin zurück. Außerdem hat auch der Komiker Herr Blume (der aber nichts als chargirte Buffo-Parthien singt) einen gleichen Urlaub. Falls Ihre Oper also nur Eine sehr goße weibliche GesangsParthie enthält, oder die anderen wenigsten von untergeordneterer Art sind, um von Frau von Faßmann oder Fräulein Hähnel (welche letztere Mezzo-Sopran ist) gesungen werden können, so scheint mir, daß die Oper wohl zu der von Ihnen angegebenen Zeit in die Scene kommen könnte. Die Sänger müßten alsdann unmittelbar nachdem die Oper Cathar. Cornaro in die Scene geagangen, die Studien für Ihre Oper im Monat Mai beginnen und bis zur Ferienzeit, die Anfangs Juny fällt, fortsetzen, und da sie sämmtlich Anfangs July wieder kommen müssen, so bleiben volle 3. Wochen zum Beschluß der Studien bis zur Aufführung. Da die Chöre und das Orchester keine Ferien haben, so könnten die Chöre auch während des Monats Juny probiren und das Orchester wenigstens die Correctur-Proben1 abhalten, und wenn alles auf diese Weise vorbereitet wird, so könnte die Oper zu der von Ihnen angegebenen Zeit d.h. den 25ten July nach meiner Ansicht zur Aufführung bereit seyn. Die angegebene Studienweise ist allerdings nicht die gewöhnliche und auch nicht die bequemste, allein um der Ehre theilhaftig zu werden, Sie, hochverehrter Meister, die 1te2 Aufführung Ihres Werks selbst leiten zu sehen, muß das Theater billigerweise nicht scheuen, diesen etwas ungewöhnlichen Weg einzuschlagen. Diese Vorschläge und Ansichten habe ich auch bereits dem Herrn General-Intendanten von Küstner mitgetheilt. Anders aber würde sich freilich die Sache stellen, wenn Sie zu Ihrer Oper auch durchaus der Dem. Tuczek bedürfen; da diese erst Anfangs August zurückkommt, so wäre dann allerdings eine Aufführung der Oper erst Ende August möglich. Sie allein, verehrter Meister, können nun darüber entscheiden, falls Ihnen die Kräfte unseres weiblichen Bühnen-Personals bekannt sind. Da wir sämmtlich hier weder Buch noch Partitur Ihrer Oper kennen, so wäre es nöthig, nicht wegen des obigen fragl. Punktes sondern auch um zu wissen, welche Vorbereitungen für die übrige Besetzung und die Scenierung der Oper erforderlich sind, die schleunigste Kenntniß des Textbuches zu erhalten, falles es Ihnen, wie auch Ihrem Briefe hervorgeht, nicht möglich seyn sollte, die Partitur selbst vor Ende März einzusenden. Das Buch sowohl so wie später die Partitur haben Sie wohl die Güte an den Herrn General-Intendanten von Küstner zu adressiren. Mich aber, theurer Meister, beehren Sie mit einer Antwort, die Ihre Ansicht über den von mir vorgeschlagenen Plan enthält, und auch Ihre Ansicht über die Besetzung, damit ich alle etwaige Schwierigkeiten soviel als möglich während meines Hierseyns noch zu beseitigen suchen kann, indem ich im April eine Reise unternehme. Mit den Gefühlen der reinsten Anhänglichkeit und innigsten Verehrung verbleibe ich hochgeehrtester Meister und Freund
 
Ihr ganz ergebenster
Meyerbeer
 
Berlin
den 5ten März 1845.

Autor(en): Meyerbeer, Giacomo
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Blume, Heinrich
Faßmann, Auguste von
Hähnel, Amalie
Küstner, Karl Theodor von
Marx, Pauline
Tuczek, Leopoldine
Erwähnte Kompositionen: Lachner, Franz : Catarina Cornaro
Spohr, Louis : Die Kreuzfahrer
Erwähnte Orte: Berlin
Erwähnte Institutionen: Königliche Schauspiele <Berlin>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845030543

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Meyerbeer, 24.02.1845. Spohr beantwortete diesen Brief am 09.03.1845.

[1] Der Druck transkribiert „Ouvertur-Proben“. Korrekturproben dienten dem Auffinden von Schreibfehlern im Notenmaterial (vgl. -g, Art. „Kritik“, in: Encyclopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften, Bd. 4, 2. Aufl., Stuttgart 1840, S. 236-241, hier S. 236).
 
[2] „1te“ über der Zeile eingefügt. Der Druck transkribiert nicht „die 1te“, sondern „diese“.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (04.05.2018).