Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. N.Mus.Nachl. 97, V/95
Druck 1: Heinz Becker, „Meyerbeers Beziehungen zu Louis Spohr”, in: Musikforschung 10 (1857), S. 479-486, hier S. 484f.
Druck 2: Giacomo Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, Bd. 3, hrsg. v. Heinz Becker und Gudrun Becker, Berlin 1975, S. 568f.

Cassel den 24sten
Februar 1845

Verehrter Freund,

So müssen Sie, eine meiner ältesten musikalischen Bekanntschaften, mir schon gestatten, Sie zu nennen, wäre es auch nur in freundlicher Rückerinnerung an die gemeinschaftlich verlebte schöne Zeit in Wien und Italien.1 Aber als Freund haben Sie sich mir auch in neuerer Zeit erwiesen, da Sie meinen „Faust“ der unter Ihren Augen entstand2, von Neuem Ihrem Publiko vorführten und selbst mit so großer Genauigkeit einübten3 und nun, im Bezug auf meine neue Oper, mir so freundlich zuvorkommen, wodurch ich auf das angenehmste überrascht und erfreut worden bin. So soll mir also durch Ihre gütige Vermittelung die Freude zu Theil werden, mein neues Werk auch bey Ihnen selbst einführen zu dürfen!
Ein gleiches hat mir die Intendanz des Dresdener Hoftheaters gestattet und es ist die dortige4 Aufführung der Oper für die zweite Woche des Juli angesezt. Könnte nun die Aufführung in Berlin in der zweiten Hälfte des Juli stattfinden so wäre das ganz meinen Wünschen gemäß. Denn mit Ende Juli läuft mein Urlaub ab und ich darf nicht hoffen außer der Ferienzeit einen Urlaub zu erhalten, wie mich mehrere unanangenehme Erfahrungen gelehrt haben. Wäre es möglich, daß die Aufführung zwischen dem 20sten und 26sten Juli angesezt werden könnte5, so würde das mit meinen andern Reiseplänen am besten harmonisiren. Ich sehe nun einer gefälligen Benachrichtigung entgegen, ob in dieser Beziehung meinen Wünschen genügt werden kann. Auch mögte ich wissen, an wen ich die Partitur und Buch einzusenden habe? und ob beydes Ende März nicht zu spät kommt? Es sind nämlich noch mehrere Abschriften bestellt und ich habe nur drei Copisten hier, die ich für die Copiatur der Partitur verwenden kann.
Da Sie in Ihrem lieben Briefe keine Reisepläne für diesen Sommer erwähnen, so darf ich wohl hoffen, Sie Sie im Monath Juli dort anwesend zu treffen und freue mich unendlich darauf, Sie nach so langer Zeit endlich einmal wieder zu sehen und einige frohe Tage in Ihrer Gesellschaft zu verleben. Vieleicht wird mir und meiner Frau, die mich begleiten wird, das Glück zu Theil, alsdann Ihre neue Oper6 zu hören! Können Sie uns diesen Genuß verschaffen, so bitte ich auf das herzlichste darum.
Herrn Professor Rungenhagen, wenn Sie ihn sehen sollten, meinen herzlichen Gruß, so wie den besten Dank für seinen Bericht7 über die Aufführung meines Oratoriums8. Diese soll, wie ich aus einem Bericht in der Staatszeitung ersehe9, eine sehr gelungene und auf das sorgfältigste eingeübte gewesen seyn.
Indem ich Ihnen schlüßlich für Ihr freundliches Zuvorkommen meinen innigsten Dank sage, unterzeichne ich mit wahrer Hochachtung und Freundschaft ganz

der Ihrige
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Meyerbeer, Giacomo
Erwähnte Personen: Rungenhagen, Carl Friedrich
Spohr, Marianne
Erwähnte Kompositionen: Meyerbeer, Giacomo : Ein Feldlager in Schlesien
Spohr, Louis : Der Fall Babylons
Spohr, Louis : Faust
Spohr, Louis : Die Kreuzfahrer
Erwähnte Orte: Berlin
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Dresden>
Königliche Schauspiele <Berlin>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845022413

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Meyerbeer an Spohr, 20.02.1845. Meyerbeer beantwortete diesen Brief am 05.03.1845.

[1] Zu Wien vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 1, S. 172, Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; ders., Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 1, Kassel und Göttingen 1861, S. 192; zu Italien vgl. Lebenserinnerungen, S. 271 (online) und 299-305 (online), Selbstbiographie, S. 300f. und 338-342.

[2] Vgl. Lebenserinnerungen, S. 172; Selbstbiographie, S. 192.

[3] Zur Berliner Faust-Inszenierung 1843 vgl. „Berlin, den 2. Juli 1843“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 45 (1843), Sp. 597ff., hier Sp. 597f.

[4] „dortige“ über der Zeile eingefügt.

[5] „könnte“ über der Zeile eingefügt.

[6] Ein Feldlager in Schlesien.

[7] Noch nicht ermittelt.

[8] Der Fall Babylons.

[9] Noch nicht ermittelt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (26.09.2017).