Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus.ep. Spohr, L. 25
Inhaltsangabe 1: Musiker-Autographen. Versteigerung der Lagerbestände der Autographenhandlung Otto Aug. Schulz in Leipzig. Versteigerung am 17. September 1910 (= Katalog Henrici 3), Berlin 1910, S. 20
Inhaltsangabe 2: Autographen zur Musik- und Theater-Geschichte, ferner Dichter, Schriftsteller, Gelehrte, Fürsten, Feldherrn und Politiker, dabei eine reichhaltige Sammlung Austriaca, Heinrich Heines unveröffentlichter Briefwechsel mit Meyerbeer und ein unbekanntes Orig.-Heineporträt von E.B. Kietz. Versteigerung am 10., 11. und 12. Juni 1912 (= Katalog Henrici 10), Berlin 1912, S. 20
Inhaltsangabe 3: Versteigerung von Autographen. Versteigerung 14. bis 16. März 1918 (= Katalog Henrici 48), S. 39

Sr. Wohlgeb.
Herrn Tichatscheck
erster Tenorist des Königl.
Hoftheaters in
Dresden
 
Nebst einem
Paquet Musi-
kalien in Pappe
gez: H. T.
 
 
Cassel den 16ten Febr.
1845.
 
Wohlgeborner,
Hochgeehrtester Herr,
 
Ihrem Wunsche gemäß adressire ich Buch und Partitur meiner neuen Oper an Sie mit der ergebensten Bitte, beydes nebst dem Briefe, der dabey liegt, an Se. Excellenz Ihrem Herrn Intendanten1 gefälligst übergeben zu wollen. – Was die Besetzung betrifft, so hege ich den sehnlichen Wunsch, daß Mad. Schröder-Devrient die Parthie der Äbtissin und Mad. Gentiluomo die der Emma übernehmen mögten. Der Charakter der Äbtissin ist ein so leidenschaftlicher, vielseitig bewegter, daß Mad. S.D. bey ihrer großen Darstellungs-Gabe, gewiß ein höchst anziehendes Charakterbild schaffen wird. Sie dann als Balduin, wie könnte der Komponist die Hauptparthien seiner Oper besser besetzt wünschen! Außer diesen sind noch bedeutend: der Emir (erster Baß) der Bischof (erster Bariton) Bruno (zweiter Tenor) und Fatime, eine Parthie die zwar nur zwei Scenen hat, aber durch eine jugendliche, liebenswürdige Sängerin besetzt, ganz geeignet ist bey allen Zuschauern hohes Interesse zu erregen. Alle übrigen Rollen, so klein wie sie sind, greifen doch bedeutend in die Handlung ein und namentlich wünsche ich, daß Walther einem Sänger zu Theil werde, der die Rolle gut singt und spielt. In diesen Nebenrollen ist die Oper wirklich schwer zu besetzen und doch hängt die Totalwirkung zum Theil mit davon ab. Hier war ich z.B. genöthigt, die Parthie des Bohemund dem Baßbuffo2 zu geben, der sie kräftig sang und gut spielte, aber die Erinnerung an seine Komik that der Wirkung doch bedeutenden Eintrag. – Doch bey Ihrem großen Personale wird schon für jede Rolle die rechte Auswahl getroffen werden können!
Ich freue mich nun unendlich auf die Aufführung in Dresden, besonders den Balduin von Ihnen zu hören, und werde den Zeitpunkt vor Ungeduld kaum erwarten können. Hier steht die Oper fortwährend in großer Gunst und so hoffe ich denn, sie werde auch auswärts gefallen. Sie ist bereits von mehrern Theatern verschrieben worden, ich weiß d[ie] Partituren aber nicht zu schaffen[,] da es leider hier an guten Abschreibern fehlt. Die hier beyfolgende ist die erste Abschrift die fertig geworden ist. Der Clavierauszug ist in Arbeit und wird gleich nach Ostern bey Schuberth in Hamburg erscheinen.
Indem ich nun mein Werk Ihrer Fürsorge und Ihrem Wohlwollen empfehle, unterzeichne ich mit vollkommenster Hochachtung
 
Ihr
ergebenster
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Tichatschek, Joseph
Erwähnte Personen: Birnbaum, Carl
Gentiluomo-Spazzer, Louise
Lüttichau, August von
Schröder-Devrient, Wilhelmine
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Die Kreuzfahrer
Erwähnte Orte: Dresden
Kassel
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Dresden>
Hoftheater <Kassel>
Schuberth <Hamburg>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845021614

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Tichatschek an Spohr, 14.01.1845.
 
[1] Der Brief Spohr an Lüttichau, 16.01.1845 ist derzeit verschollen.
 
[2] [Ergänzung 18.08.2017: Carl Birnbaum.]
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (07.10.2016).