Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Wohlgeborner Herr,
Hochzuverehrender Herr Hofcapellmeister!
 
Für die so wohlwollende und nachsichtige Gewährung der innigsten Bitte meines Herzens werde ich mich Ew. Wohlgeboren zu starkem Dank verpflichtet fühlen. Herzensdank Ihnen, Hochzuverehrender Herr Hofcapellmeister, den wärmsten Dank Ihrer verehrungswürdigen Frau Gemahlin für die wohlwollende Aufmerksamkeit, mit welcher Sie die kleinen Compositionen eines unbedeutenden Lehrers einer Ansicht würdigten. Sie haben mir durch Ihr hochgeschätztes Schreiben die Sammlung meines Gemüthes, den flammenden Eifer nach weiterer Ausbildung für immer wiedergegeben. Nehmen Sie daher zugleich meinen innigsten Dank als ein wahres Zeichen meiner unwandelbaren Hochachtung und Ehrerbietung an. Möge Sie und Ihre werthe Frau Gemahlin der Himmel durch ein noch recht langes, gesundes, heiteres Leben für solch edle Menschenfreundlichkeit belohnen! - Wenn auch die seitherigen Lehrerverhältisse ohne Musik einen recht bedrückenden Einfluß auf mein inneres Musikleben ausgeübt haben, wenn mich auch 40 wöchentliche Stunden in voller Schulklasse fast erschöpften; so fühle ich mich doch jetzt wieder neu gestärkt, neu belebt für alles Schöne, dem mein Jugendherz ja so gern nachstrebt. Und wie wird sich mein früherer Lehrer in der Violine, Herr Kammermusikus Mahr1 in Hildburghausen, dessen Sohn ja Ew. Wohlgeboren auch besonders seine musikalische Bildung2 verdankt, wie wird er sich freuen, wenn ich ihm das verehrte Schreiben Ew. Wohlgeboren mittheile! -
Wollte Gott, ich könnte bald in einem musikalischen Wirkungskreise dem höheren Ziele nachstreben und glücklich sein! Alle meine Kräfte sollten diesem höhern Ziel in der Musik gereicht sein, ich wollte mich auf alle Weise der anvertrauten Stellung würdig zu zeigen suchen. Nun, was mir die bisherigen äußeren Verhältnisse nicht gestatteten, gelingt mir gewiß durch das beglückende Wohlwollen edler Menschenfreunde. Und nur in diesem hohen Vertrauen erlaube ich mir, von dem so väterlich gütigen Anerbieten Ew. Wohlgeboren Gebrauch zu machen, indem ich Wohldieselben in der dankbarsten Gesinnung um gütige Ausstellung eines Zeugnisses über meine etwaigen musikalischen Fähigkeiten gehorsamst bitte. Ein Ausspruch und Wunsch von Ihnen, Hochzuverehrender Herr Hofcapellmeister, verschafft ja dem strebenden Jüngling immer und überall geneigte Berücksichtigung und hat bei Einer Hochpreisl. Herzogl. Oberbehörde gewiß die Höchste und glücklichste Geltung. Verzeihen Sie daher gütigst dem jungen Lehrer diese innige Bitte, sie ist ja eine reine Aeußerung des heißesten Dranges nach einem schöeren Loose in der Musik. Die göttliche Musik bietet ihren wahren Verehrern immer eine schönere Erde, ach! wäre es mir in dieser Beziehung nur doch einmal längere Zeit vergönnt, in Cassel, Hamburg, Dresden, Leipzig oder Berlin wahre gute Musik zu hören, was Sie ja meinem Fortbildungswege besonders zu empfehlen die Gewogenheit hatten, ich würde dann so recht ein glückliches Erdenloos besitzen. Nun, ein frommes Vertrauen auf die göttliche Vorsehung und edle Menschenfreunde heißt ja keine Hoffnung zu Grunde gehen! -
Indem ich Wohldenselben daher nochmals meinen schönsten Dank für Ihre so liebreiche Gewogenheit in einer Herzenssache gehorsamst abstatte, verharret mit der ausgezeichnetsten Hochachtung und Ehrerbietung
 
Ew. Wohlgeboren
dankbarster
Bernhard Müller.
(Lehrer an der Bürgerschule.)
 
Salzungen,
den 12t Februar 1845.

Autor(en): Müller, Bernhard (Kantor)
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Mahr, Johann Carl Sebastian
Mahr, Johann Christian Carl
Erwähnte Kompositionen: Müller, Bernhard (Kantor) : Lieder, Sgst Kl
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845021245

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Müller, 08.02.1845. In Reaktion auf diesen Brief stellte Spohr am 17.02.1845 Müller ein Zeugnis aus.
 
[1] Johann Christian Carl Mahr.
 
[2] Johann Carl Sebastian Mahr war 1841 Schüler von Spohr (vgl. C.B., „Verzeichniss der Schüler von Louis Spohr”, in: Niederrheinische Musik-Zeitung 7 (1859), S. 150ff., hier S. 151).
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (06.12.2019).