Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Altona den 16ten Januar 1845.
EwWohlgeborner
Hochverehrter Herr Capellmeister!
Entschuldigen Sie, wenn ich mir erlaube, Ihnen mit meiner Correspondenz beschwerlich zu fallen. Mein Sohn, Johannes Jacobsen ist seit einem halben Jahr Ihr Eleve und es muß für mich als Vater sehr wünschenswerth seyn, zu erfahren, was Sie von dem Talente, so wie von dem Fleiße und Anlagen desselben halten? – Wenn ich Ew. Wohlgeboren ersuche, mir diese Frage gefällist gewissenhaft und ganz sub rosa1 zu beantworten, so werden Sie einsehen, daß mir auch dieses erlaubt ist – denn welcher Vater könnte wohl das Wohl oder Wehe seines Kindes in der Zukunft gleichgültig seyn? – Ich zweifle keinen Augenblick, daß mein Sohn Ihnen die Hochachtung und Ehre erweist, die er Ihnem Namen schuldig ist und daß Sie in dieser Beziehung keine Ursache haben, mit ihm unzufrieden zu seyn. Gerne wünschte ich von Ew. Wohlgeboren zu erfahren, ob ein Studium von 2 Jahren unter Ihrer Leitung hinreichend ist, einen tüchtigen Violinisten aus ihm zu bilden, so wie, wenn meine Kräfte es s. z.2 erlauben, ob Ew. Wohlgeboren zur ferneren Ausbildung das Conservatorium in Wien, Paris oder Brüssel am zweckmäßigsten erachte? Indem ich Ew. Wohlgeboren recht sehr um eine gefällige Antwort baldigst ersuche, benutze ich noch die Gelegenheit, bei Eintritt des neuen Jahres meinen herzlichsten Glückwunsch für Ihr dauerndes und ungestörtes Wohlergehen auszusprechen
Ew. Wohlgeboren
verbindlich ergebenster
H.A.F. Jacobsen
Annenstraße No 15.
Srt Wohlgeboren
Herrn Dr L. Spohr
in
Cassel
Autor(en): | Jacobsen, Heinrich Adolph Friedrich |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Jacobsen, Johannes |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Kassel |
Erwähnte Institutionen: | Conservatoire <Brüssel> Conservatoire <Paris> Konservatorium <Wien> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1845011640 |
[1] „sub rosa, l. eig. unter der Rose (als Bild der Vertraulichkeit, d.h. im Vertrauen, insgeheim)“ (Friedrich Erdmann Petri, Gedrängtes Deutschungs-Wörterbuch der unsre Schrift- und Umgangs-Sprache, selten oder öfter entstellenden fremden Ausdrücke, zu deren Verstehn und Vermeiden, 3. Aufl., Dresden 1817, S. 442).
[2] Abk. f. „seiner Zeit“?
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (22.02.2022).