Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr Hochwohlgeboren
dem Herrn Hof-Capellmeister
Dr L. Spohr, Ritter u.s.w.
zu
Cassel

fro.1


Catlenburg am 29ten November 1844.

Unmöglich, mein innigst verehrtester Freund! kann ich meinen Morgende Fahrt nach Reifenstein antreten, ohne Ihnen nochmahls aus des Herzens tiefstem Grund zu danken, für den so außerordentlich genußreichen Vorgestrigen Abend! dem Ihre endlos liebevolle Theilnahme an meinen musicalischen Freuden wie durch Zauberschlag zu reicher Entschädigung des allerhöchsten Veto‘s annoch 2 zu sichern vermogte! –
Das Quartett Nr 3 des Op. 84, wie das 3te Ihrer Quintetten Op. 69 haben von neuem eine große Bereicherung des Wunder-Catalog‘s dieser Quartett-Soiréen mir geschenkt! – auf die ich gelegentlich noch ein Mahl zurückzukommen schon im voraus unwiederstehlich mich fortgezogen fühle! – und Ihre freundliche Zusage dafür herzlichst ausbitte! –
Ist es mir irgend möglich: so treffe ich Dienstags Abend dort ein; – es sey mit eigenen Pferden, oder mit der preußischen Post; – wenn gleich in beyden Fällen die Passage von Reifenstein bis zur Chaussée, bey hin u zurück zu Hülfe zu nehmender Stunde nächtlichen Dunkels, in dieser Jahreszeit horrend ist!! –
Sollte bis zu Sonntag Morgen, wo um 8 Uhr die letzte dafür practicable Post von Cassel meines Wissens3 abgehen würde, hinsichtlich des Concertes überhaupot oder auch nur hinsichtlich der darin zu erhoffenden Concertante eine Abänderung noch bestimmt werden: so hätten Sie wohl die Güte, solche Nachricht mir nach Reifenstein bey Dingolstaedt im Preußischen Eichsfelde zugehen zu lassen. Ich werde Montag Nachmittag noch ein Mahl zur Post nach Dingolstaedt schicken, um etwaige Abwehrungs-Notiz(?) zu erhalten. –
Eben so vermögten Sie vielleicht zu veranlassen, daß in einem solchen Falle Hr W. Rittmüller zu Goettingen bis Dienstag Abend eine Aufkündigung4 der ihm mitgebrachten glänzenden Erwartungen für nächsten Mittwochen erhielte. Denn auch er gedachte die Möglichkeit dafür aufzubiethen, durch diesen ihm sehr erwünschten Vorschub Ihrer Concertante bis dahin, deren Genuß nun noch zu erreichen. Jedoch erst am Mittewochen Morgen abreisend; der Probe also nothgedrungen entsagend; – auf die ich einen noch5 verdoppelt großen Werth legen würde, wenn auch Ihre 3te Symphonie, – die im Stadthaus gehörte6, – darinn mit zur Aufführung käme. –
So viel scheint mir im voraus gewis, oder doch höchst wahrscheinlich, daß ich, wenn ich los kommen kann, ich mich doch mit dem vollen Mittwochen werde begnügen, Donerstag Morgen wieder abreisen, u also der so reichen Genuß verheißenden ungemein freundlichen Einladung des Hr von Schmerfeld der Freytags-Quartett-Soirée schmerzlich werde verzichten müssen!! – wie auch auf das ebenfalls sehr anziehende Donnerstags-Trio der Frau von Malsburg! –
Zuweilen geht‘s indessen besser wie man es denkt! – u in jedem Falle werde ich gleich Morgen den etwa noch am wenigstens übelen Weg von den verschiedenen übelen Wegen zwischen der Chaussée u Reifenstein für solche hoffentlich mir bevorstehende Benutzung im nächtlichen Dunkel, im voraus zu erspähen suchen. –
Innigst

Ihr dankbarster Verehrer.
CFLueder.

Autor(en): Lueder, Christian Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Malsburg, Caroline von der
Ritmüller, Wilhelm
Schmerfeld, Friedrich von
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Quartette, Vl 1 2 Va Vc, op. 84
Spohr, Louis : Quintette, Vl 1 2 Va 1 2 Vc, op. 69
Spohr, Louis : Sinfonien, op. 78
Erwähnte Orte: Kassel
Reifenstein
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1844112935

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Lueder an Spohr, 21.11.1844. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Lueder an Spohr, 19.12.1844.

[1] Rechts über dem Adressfeld befindet sich der Poststempel „CATLENBURG“.

[2] Hier ein Wort gestrichen.

[3] Hier gestrichen: „dafür“.

[4] Hier am Wortende gestrichen: „en“.

[5] „noch“ über der Zeile eingefügt.

[6] Vgl. Lueder an Spohr, 08.02.1843.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (27.05.2021).