Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Herr Hofcapellmeister
Dr. Louis Spohr.
Ritter etc. Hochwohlgeboren
Cassel

franco.


Innigstverehrter Meister und Freund!

Ihre freundlichen Zeilen von Braunschweig, weckten mich aus einem angenehmen Traume. In sofern kann ich Sie nun eigentlich freundlich nennen, allein die uns darin gemachte Hoffnung, Sie, zu gelegener Zeit bei uns zu sehen, ist wenigstens ein Trost. –
Meine letzten an Sie gerichteten Zeilen schrieb ich in so großer Eile, – ich fürchtete nämlich, daß solche Sie nicht mehr in Br. antreffen würden – dass ich sogar vergass Ihnen meinen innigsten Dank für Ihre gütevolle Empfehlung an Mr. Alsager nach London, abzustatten. – Besser könnte ich nicht empfohlen werden.0 Mr. A. ist ein Mann von Bedeutung für Künstler, und, was ich nun zu seinem größten Lobe anführe, Ihr wichtigster Verehrer und Bekenner. Die große Zahl Ihrer Verehrer in London wurde mir natürlich sehr nützlich, und mein1 Dank so warm er auch ist, so bleibt er doch hinter Ihrer Güte weit zurück. – Bei Mr. A. war ich viel, weil Musik gemacht, und natürlicherweise, viel Spohr und abermals Spohr. Ich habe Ihrer oft dabei mit Dank und Freude erfüllend Ihrer gedacht. Auch Ihrer verehrten Gattin wurde viel gedacht, und es ist dadurch unser Verlangen sie kennen zu lernen und bei uns zu sehen nur noch gesteigert wurde. –
Mit meinem heutigen erlaube ich mir Ihnen zugleich die Partitur eines meiner Concerte zuzuschicken, mit der Bitte, daß Sie selbiges, wenn es Ihre Zeit erlaubt, ein Stündchen widmen möchten. Sie würden mich zu abermaligem Danke verbinden, wenn Sie so gütig sein wollten mir Ihre unumwundene aufrichtige Meinung darüber zu sagen. Herzlich bitte ich Sie, sprechen Sie sich ohne allen Rückhalt offen darüber aus, wie es Ihnen um’s Herz ist. Hier in Oldenburg habe ich es noch nicht öffentlich gespielt, wohl aber kürzlich in einem Hofconcerte. Nächstens gedenke ich es in einem Stadtconcert zu spielen, weshalb ich Sie recht sehr bitten möchte daß ich die Partitur, sobald es, ohne Sie zu geniren, möglich wäre, solches zurück zu erhalten. Ich besitze nur das eine Exemplar noch davon, die ich es grade nach Paris geschickt2, wohin ich es verkauft habe.2a In London spielte ich es öffentlich, und war recht glücklich damit.3
Ueber Ihr Kommen hieher muß ich mich nun ernstlich beschäftigen. Gerne möchte ich wohl wissen, ob Sie nicht etwa ein eignes Concert geben möchten? Es versteht sich von selbst, dass Sie davon nicht die wenigste Last hinsichtlich des Arrangements haben würden. Das ist meine Seite. – Dass Sie Ihr Logis sammt Ihrer verehrten Gattin bei uns nehmen, die Freude können Sie uns nicht versagen. –
Meine Frau sendet Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin wärmste Empfehlungen womit ich die meinigen verbinde.
Mit innigster Liebe und Verehrung

Ihr dankbarer Schüler
August Pott

Oldenburg
am 6 Nov. 1844.

Autor(en): Pott, August
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Alsager, Thomas Massa
Spohr, Marianne
Erwähnte Kompositionen: Pott, August : Konzerte, Vl Orch, op. 25
Erwähnte Orte: London
Oldenburg
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Oldenburg>
Philharmonic Society <London>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1844110637

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Pott, 29.09.1844. Spohr beantwortete diesen Brief am 24.11.1844.

[0] [Ergänzung 03.12.2020:] Vgl. Spohr an Thomas Massa Alsager, 17.03.1844.

[1] „mein“ über der Zeile eingefügt.

[2] Hier gestrichen: „habe“.

[2a] [Ergänzung 03.12.2020:] Das Konzert op. 25 erschien bei Troupenas (freundlicher Hinweis von Kadja Grönke).

[3] „M. Pott was heard at these concerts some five or six years ago. He now made a better impression on us than on the former occasion. He is certainly a superior player, and his music possessed at least one recommendation, an invaluable one – brevity. But really there are now so many great performers – at least, performers who can achieve wonders on their instrument – that M. Potter must be content to be reckoned among a multitude“ („Philharmonic Concerts. Forth Concert, Monday, May 13“, in: Examiner 1844, S. 309). Günstiger für Pott: „M. Pott played the first movement of one of his concertos with complete success, and sustained his reputation as one of the best German violinists. His tone is good – his execution neat – his style pure and unaffected. He was greatly applauded („Forth Philharmonic Concert“, in: Musical Examiner 2 (1844), S. 585f., hier S. 586). Das aufgeführte Konzert ist beide Male nur angegeben als „Concerto, Violin, M. A. Pott“ (vgl. auch „Philharmonic Society“, in: Musical World 19 (1844), S. 167).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (24.11.2020).