Johann Andreas Stumpff an Louis Spohr in Kassel

Seiner Wohlgeb. Herrn Capellmeist. Spohr.


London den 10^ten October 1844

Hochverehrter Herr,

Die Ursache warum ich den letzten Brief womit Sie mich beehrt haben, nicht eher beantwortet habe,¹ war mein Vorhaben selbst eine Reise nach dem Vaterlande zu machen wovon mich aber so vieles bis dato verhinderte, welches ich sehr bedaure!
Und nun nehme ich mir die Freiheit hier kürtzlich zu bemerken, dass es mir sehr leid thut, dass ich nicht die Ehre haben konnte mit Ihnen über eine, mögliche verbesserung der Violin-Instrumente, in person mich berathschlagen konnte! - Ihre Bemerkungen die zugesandte Geige betreffend, wegen des angebrachten Metals an derselben, nehmlich am Anhäng-bret und andern theilen, is sehr gegründet, doch liegt im plan, dass alles solches als Gerüst dass gänzlich wegfällt, betrachtet werden muss.
Da mich eine Vieljährige² u. Erfahrung belehrt was mann in England liebt und nicht liebt, und weis dass man alles tadelt was schwach ist, Stark muss der Wein und kräftig das Essen sein und die Instrumente die man lieben soll, müssen einen starken Ton haben – dass meine Idee die Violin, V.Cello & Bassen zu vervollkommnen, „der Königin aller Instrumente,“ zu stärken, nicht umsonst gewesen ist. -
Doch mit der Feder, die Reromente(???) die mich berechtigen das Resultat derselben zu verwirklichen, ist mir unmöglich zu versinnlichen! -
Ich scliese mit der Bitte: Ew. wohgeb. wollen die Güte haben, und die schlechte bierfidel in Ihren Händen, nach Offenbach zu besorgen, addressirt: an Herrn J.J. Schmidt Music-Lehrer in der Dom Strasse: mit den postscript: Der Kasten³ darf nicht geöfnet werden, u. nach London an meine adresse befördert werden muss – Ich danke Ihne für alles was Sie für mich gethan und werde jede Gelegenheit ergreifen mich erkändlich zu zeigen und verharre indessen mit aller Hochachtung

Ew. Wohlgb.
ganz Ergebenster Diener
J.A. Stumpff

NS. Dass ich so viele Jahre in England gelebt wird aus dem obigen un-deutsch erhelen!