Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Thomae:6


An
den Churfürstlich Hessischen Hof-Kapellmeister
Herrn Louis Spohr
Ritter pp
Wohlgeboren
in
Cassel

frei1


Verehrtester Freund!

So eben ersehe ich aus der Zeitung, daß gegen Ende dieses Monats Dein Oratorium: der Fall Babylon's, in Braunschweig durch ein sehr bedeutendes Orchester u viele hundert Sänger unter deiner Leitung zur Ausführung kommen wird. Dies gibt mir Veranlassung, eine Bitte an Dich zu richten, durch deren Erfüllung Du mich sehr verpflichten würdest. Es ist diese; ich wünschte nämlich schon seit einiger Zeit, dies Oratorium, wovon ich den Klavierauszug besitze, mit unserem Singverein hieselbst, demich fortwährend vorstehe, im Laufe dieses Herbstes öffentlich aufzuführen; da unsre pekuniären Mittel es aber nicht erlauben, die Sing- und Orchesterstimmen selbst anzuschaffen, so wäre es mein sehnlicher Wunsch, dieselben auf einige Zeit geliehen zu erhalten, und richte ich deshalb meine Bitte an Dich, mir hierzu, wo immer möglich, behülflich zu seyn: für die pünktliche, kostenfreie Zurückerhaltung würde ich natürlich sorgen und einstehen: es geschähe mir dadurch ein sehr wesentlicher Dienst, um so mehr, da ich sonst kein Mittel sehe, zu dieser Ausführung zu gelangen! Einfache Orchesterstimmen reichen hin (alleinfalls zwei erste Violinen u. zwei Bässe); dagegen wünschte ich von den Singstimmen, je 12, außer den einfachen Solostimmen, wenn Letzteres nämlich seyn kann. Allenfalls könnten wir auch, wenn es nicht anders wäre, die Chorstimmen käuflich, zum Kostenpreise übernehmen, die Orchesterstimmen jedoch auf keinen Fall, da uns dies zu kostspielig seyn würde. Ich bitte Dich recht freundlich, Dich die Gewährung meiner Bitte gütigst angelegen seyn zu lassen! –
Ich erfuhr neulich, Du seiest in Paris gewesen und dort sehr ehrenvoll und mit aller Auszeichnung aufgenommen, das hat mich sehr erfreuet und meine lebendige Theilnahme erregt!
Hoffentlich hat es Dich und deiner würdigen Gattin, der ich mich bestens und achtungsvoll empfehlen bitte, bisher wohl ergangen; der Himmel schenke Euch noch recht viele frohe und vergnügte Tage in steter Gesundheit! Uns geht es, Gottlob! einige bisherige Unterbrechungen abregechnet wohl, – wir leben still und vergnügt in ganz engem Kreise!
Frau und Kinder sagen Dir recht viel Freundliches und empfehlen sich deinem freundlichen Andenken, so wie

Dein
Dich verehrender Freund
Thomae

addr: Thomae Senior
Cleve

Autor(en): Thomae, Friedrich Wilhelm Ludwig
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Der Fall Babylons
Erwähnte Orte: Braunschweig
Paris
Erwähnte Institutionen: Musikfeste <Braunschweig>
Singverein <Kleve>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1844091546

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Thomae an Spohr, 03.04.1837.

[1] Oben auf dem Adressfeld befindet sich der Poststempel „CLEVE / 15 / 9“, unter dem Adressfeld der Stempel „18 SEP[…]“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.12.2020).