Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hochwohlgeborener,
Hochzuverehrender Herr Hofcapellmeister!

Der unterzeichnete Verein als Vorstand der hiesigen Singakademie besabsichtigt im Laufe dieses Sommers wieder, um ein großes Concert zu veranstalten und der mitunterzeichnete Hofcapellmeister Müller als Gesangdirector der Akademie, Ihr neuestes Oratorium
der Fall Babylons,
dazu in Vorschlag gebracht. Auf diesen sind wir umso bereitwilliger eingegangen, weil die Anstalt ihre Kräfte schon bisher mit Vorliebe gerade Ihren gefeierten Compositionen gewidmet hat, zu deren allgemeiner Würdigung sich hier noch ein Gefühl vaterländischen Stolzes gesellt.
Wir bezweifeln desfall auch kaum daß die Aufführung, – in der hiesigen Aegydienkirche, – durch einen Chor von 450 Sängern und durch die ausgezeichnetesten Solisten der Herzoglichen Hofopernbühne unterstützt von wenigstens 120 Instrumentalisten – deren Kern die herzogliche Capelle bildet – und von dem Hofcapellmeister selbst unterricht, nicht bloß eine gelungene, sondern eine großartige werden dürfte.
Zu einem wahrhaft glänzenden Tonfeste würde sie aber erst machen, wenn Ew. Hochwohlgeboren geneigen sollten, die persönliche Leitung derselben zu übernehmen. Auch Ihnen selbst, hochverehrter Herr, dürfte es vielleicht nicht unwillkommen sein, in Ihrer Vaterstadt, an der Spitze ihres größten musikalischen Instituts, Ihr neuestes, mit vollem Rechte von England so gepriesenes, großes Tonwerk selbst einzuführen.
Deshalb schmeicheln wir uns, keine Fehlbitte zu thun, indem wir uns beehren Ew. Hochwohlgeboren
um die persönliche Leitung des Festes
hiermit gehorsamst zu ersuchen.
Die weitern Mittheilen sowohl über die Einrichtung des letztern, als auch über einige Personalien (Reise, Aufenthalt u.s.w.) dürfen wir uns wohl noch vorbehalten, müssen dagegen schon jetzt bemerken, daß die zu einer erst beginnenden sorgfältigen Einübung unerlässliche Zeit und die Benutzung der Aegydienkriche zu einer Kunstausstellung während des Monats August die Aufführung nicht früher als
im Monat September
gestatten. Die genauere Bestimmung der Zeit in diesem werden wir dagegen gern und, um so lieber lediglich Ew. Hochwohlgeboren überlassen wenn wir hoffen dürfen, Ihnen dadurch die Erfüllung unseres sehnlichen Wunsches leichter machen zu können.
Genehmigen Ew Hochwohlgeboren die Versicherung unserer ausgezeichnetesten Hochachtung

Braunschweig den 8ten Mai 1844.
Der Verein für Concertmusik.

Freih. von Schleinitz
als Präsident des Vereins
DWKrause
als GeschäftsDirector
der Singakademie

Georg Müller
Gesangsdirector

Graebe

Fr. von Wettradt(???)

Morgenstern.

Bause

AHolland

Schulze

Eduard Schade.

FrLöhneysen

G.M. Meyer jr

Wolfg Rob Griepenkerl

EOtto.

Eine gefällige Beantwortung wird unter Adresse: Assessor Otto, Steinthorwall bei Herrn Ahrberg, erbeten.



Dieser Brief lag einem weiteren Brief mit näheren Ausführungen bei: Eduard Otto an Spohr, 11.05.1844. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Verein für Konzertmusik an Spohr, 28.10.1844.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (19.05.2022).