Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Seiner Wohlgeb.
Herrn Louis Spohr in Hessen Cassell.
 
 
London den 24 April 1844
 
Mein verehrter Herr und Gönner,
 
Ihren Wünschen gemäß habe ich am 22den April eine Violine mit meiner Erfindung versehen, nach Hamburg verschifft, und hoffe dass solche bald und unversehrt in Ihre Hände gelangen möge. Die Violin ist, wie Sie sehen werden, eine alte deutsche Bier-Fiddle, von einem rauhen unbedeutenden Ton, und was solche nun mit meiner Erfindung geworden ist, werden Sie von ihr selbst vernehmen.
Herr Schmidt1 und ich haben solche mit einer der besten Vioin von Guarnerius vergleichen, welche den verstorbnen Künstler Mori zu gehörte, und welche er für die beste in Europa hielte, und für 200 Pfund verkauft wurde, und siehe, die alte Bierfiddle übertrag sie an reinheit und Fülle des Tons bei weiten. - Von Ihren Urtheil2 meine Erfindung betreffend, hängt nun, in pecuniarischer Hinsicht mein Glück ab, weil ich mich mit Erfinungen und verbesserungen aller art Kunst werke in meinen langen Leben sehr verblutet!
Denn was Sie, mein Hochverehrter Herr und Gönner, darüber sagen werden wird das Schicksal meiner Bemühungen, und mein Glück entscheiden: Ein günstiges Urtheil, will und muss, meine invidualität3 in physischer und geistischer Hinsicht, solche zu neuen Anstrengungen beleben, oder Paralisiren! -
Ich sehne mich daher, hoffnungsvoll, doch ohne Furcht, nach einer baldigen antwort welche mir als ein sicheres Geleit auf den neuen Pfaden ich zu wandeln begonnen nützlich und Erfreulich sein wird.
Könnten Sie sich entschliessen, und mir eine gutgebaute Violine, die Sie durch und durch kennen, nach London befürdern: So würden Sie sich überzeugen wie viel besser Sie solche, ans Kraft, und in aestätischer Hinsicht, zurück erhalten werden, - Ihre Antowrt, mit dem Urtheil über meine Erfindung, werde ich in die Zeitung in London einrücken lassen, und ersuche Sie daher instänticht in der Verfassung Derselben, solches zu beherzigen, weil ich dann gewiss bin in London einen Käufer zu finden der mir eine Summe für die Erfindung geben kann, und solche mit einem Patent zu versichern vermögent ist.
Endlich Ersuche ich Sie edler Freund, mein deutsches Gewäsch zu entschuldigen so wohl als die Anmassungen dass ich mich in meinen vorgerückten Leben von einen musikalischen erfindungs Dämon mich quälen lasse, welchem ich, nicht4 widerstehen kann:
 
Denn was natur ins herz gesäet,
Dass sprosset gewiss, früh oder spät;
und wenns beglänzt vom Sonnenlicht;
Dann blüht es auf, dann reifen Früchte. -
 
Ich habe die Ehre, mit aller Hochachtung u. Ergebenheit zu verharren
 
Ew. wohlgeb.
aufrichtig Ergebnster Freund u. Diener
J.A. Stumpff
 
44 Great Portlandstreet
PortlandPlace
 
P.S. Lassen Sie sich von dem Knopf an der rückseite der Violine nicht stören, welches nur ein Versuch ist, und der sich in einen unmerklichen punct verwandeln wird -

Autor(en): Stumpff, Johann Andreas
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Schmidt, J.J.
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1844042444

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Stumpff an Spohr, 29.09.1841. Spohr beantwortete diesen Brief am 12.05.1844.
 
[1] Möglicherweise der in Stumpff an Spohr, 10.10.1844 erwähnte J.J. Schmidt in Frankfurt am Main?
 
[2] Hier gestrichen: „wird“.
 
[3] Sic!
 
[4] „nicht“ über der Zeile eingefügt.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (25.09.2017).