Carl von Turányi an Louis Spohr in Kassel

Euer Wohlgeboren Herr Doctor!
Hochgeschätzter Herr Hof-Kapellmeister!

Der Empfang Ihres gütevollen Schreibens vom 15 März, worin Euer Wohlgeboren Herr Doctor mir nebst der huldreichen Anleitung über die Einrichtung des Hornsatzes in der Concert-Ouverture, noch die Äußerung Ihres Wohlgefallens dieses meines geringen und unbedeutenden Werkes zu machen so freundlich, und nachsichtig waren; verursachte mir den angenehmsten Tag meines Lebens, und erfüllt[e]¹ mein Inneres mit dem innigsten und wämrsten Dankgefühle, das ich E[u]er Wohlgeboren Herr Doctor hier in den ungeschmücktesten Worten darbringe mit dem heißesten Wunsche, Gott möge Euer Wohlgeboren der Kunst und kunstliebenden Menschheit, den Kunstjüngern aber Allen als einziges und höchstes Kunst-Princip, als das Ideal aller größten Tondichter, noch lange, lange Jahre wohl erhalten. – Wenn ich gleich ungeachtet Ihre gütige Nachsicht für mich die Uiberzeugung gewonnen in der Ouverture weiter nichts als einiges Talent und etwa soviel Fleiß bekundet zu haben, so habe ich doch zugleich auch die Uiberzeugung gewonnen, daß nichts in der Welt mich so angefeuert, und aufgemuntert hat mich fernerhin mit dem angestrengtesten Fleiße² dahin zu bestreben in Zukunft auch vielleicht etws Besseres und Würdigeres zu leisten, als Ihre liebevolle Nachsicht und Güte. – Vollkommen zufrieden und ganz einverstanden bin ich daß Euer Wohlgeboren zur Aufführung der Ouverture die Einrichtung mit der Tenor und Baß-Posaune treffen, und dieselbe Wirkung machen wird, und im Voraus sage ich hierfür meinen innigsten Dank, und bitte da ich keine Partitur und auch keine Horn-Stimmen davon habe um diese Einrichtung selbst zu machen, Sie als Mitkauf(?) Ihrer Güte und Huld Selbst zu übernehmen. – Noch wage ich zu sündigen und auf Ihre Güte zu pochen, indem ich Euer Wohlgeboren inständigst bitte nach geschehener Aufführung der Ouverture, mir gütigst auch Ihre unverhohlene Ansicht und Meinung sowohl über dieselbe, wie auch über die Instrumentirung des Magnificats von Durante, wenn es Euer Wohlgeboren Herrn Doctor nicht zu lästig wäre entweder Selbst, oder vielleicht durch Herrn Biberhofer, wissen zu lassen. Mit der Versicherung meiner unbegränzten Hochachtung und Verehrung bin ich zu jedem Gegendienste bereitwilligst
Euer Wohlgeboren Herr Doctor

ganz ergebenster CarlTurányi
St. Musicdirector

Aachen 6^ten April 1844.