Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Hochverehrter Meister!
Fast möchte ich fürchten Sie zu belästigen, wenn ich es wage schon wieder mit einer Bitte beschwerlich zu fallen; doch mein Vertrauen zu Ihnen ist unbegrenzt, daß mir dies auch den Muth giebt. – Ich werde nemlich, so Gott will, schon zu Anfang Maerz Sondershausen ganz verlassen und findet sich bis dahin, was wohl kaum denkbar ist, keine für mich annehmbare Stelle, nach Wien gehen.
Wie es dazu gekommen daß ich meine hiesige Stellung so bald wieder aufgeben muß, bedürfte einer unendlich langen Auseinandersetzung, die Sie verehrtester Meister ermüden würde und auch wohl kein sonderliches Interesse für Sie haben könnte. Es sind zu viel widrige u. elende Motive in Bewegung gesetzt worden um mir das Leben hier zu verleiden, daß ich jetzt, wo meine Entlassung ausgesprochen, zum erstenmal seit langer Zeit den Himmel wieder klar sehe und mit Hoffnung zu ihm emporblicke. Dieser versicherung dürfen Sie aber, aus einem wahrhaft ehrlichen Herzen kommend, Glauben schenken, daß weder Leichtsinn noch irgend eine Schuld von meiner Seite, die Ursache meines Abganges von hier ist; ich verstehe es blos nicht einer grenzenlosen Eitelkeit durch widrige Schmeichelei zu fröhnen. Nachdem mein Entschluß fest stand Sondershausen zu verlassen und nach Wien zu gehen, schrieb ich an den Kaiserlichen Kapellmeister Otto Nicolai, welchen ich von Berlin aus kannte, und theilte demselben meinen Entschluß mit.1 Vor einigen Tagen bekam ich von demselben eine überaus freundliche Antwort2, durch welche mein Entschluß bestärkt wird, und worin mir derselbe jede Hülfe und Unterstützung die in seiner Macht steht, zusagt; doch räth er mir auch zugleich so viel als möglich Empfehlungsbriefe an vornehme u. reiche Leute mitzubringen, namentlich bezeichnete er mir einen Grafen u. Polizei-Präsidenten Sedlnitzki als den augenblicklich auf musikalische Verhältnisse einflußreichsten Mann. Zu Ihnen hochverehrtester Meister spreche ich nun freundlichst und herzlichst die Bitte aus, mir einige Empfehlungsbriefe nach Wien gekommen zu lassen, ich hoffe diesen Briefe keine Schande zu machen und Sie werden sich dadurch einen stets dankbaren Schuldner erwerben.
Mit der Aufführung meiner Oper in Cassel wird es nun wohl vorläufig nichts werden, vielleicht wird sie später um so eher angenommen, wenn ich das Glück haben sollte, daß sie in Wien aufgeführt wird, wozu mir Nicolai ja die Aussicht stellt. Leben Sie wohl! Gott schenke Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin stets dauernde Gesundheit, das Uebrige hat Ihnen ja Gott wohl gegeben.
In steter Verehrung u. Liebe
Ihr
ergebenster
Louis Huth.
Sondershausen
d 5t Februar
1844.
Autor(en): | Huth, Louis |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Nicolai, Otto Sedlnitzki, Joseph von |
Erwähnte Kompositionen: | Huth, Louis : Golo und Genoveva |
Erwähnte Orte: | Sondershausen Wien |
Erwähnte Institutionen: | Hofkapelle <Sondershausen> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1844020544 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Huth an Spohr, 11.12.1843. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Huth an Spohr, 07.02.1845.
[1] Dieser Brief ist derzeit verschollen.
[2] Dieser Brief ist derzeit verschollen.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (11.04.2023).