Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Hochwohlgeborner,
Hochzuverehrender Herr Hofkapellmeister!
Schon lange trug ich den Gedanken in mir, Ew. Hochwohlgeboren für die grosse Güte und Gewogenheit, welche Sie mir und meinem Sohn1 erzeigten, auch einmal einen, wenn auch nur geringen, Beweis meiner fortwährenden Erkenntlichkeit zu geben; obgleich mir recht gut bewußt ist, daß ich diese Güte zu vergelten, nie im Stande bin, so hegte ich doch die Hoffnung, daß auch eine Kleinigkeit von Ew. Hochwohlgeboren nicht verschmäht werden, und Sie daraus wenigsotens die gute Absicht erkennen würden. Ich wollte mir daher die Freiheit erlauben, Ew. Hochwohlgeboren zu den bevorstehenden neuen Jahr Ihr werthvolles Portrait auf einer Mundtasse zu überschicken, da aber das Gemälde in der Schmelze nicht gut ausfiel, so muß ich es zurückbehalten, und erlaube mir nur die Freiheit, Ew. Hochwohlgeboren meine ganz ergebenste herzliche Gratulation zu dem neuen Jahr zu sagen, möge der Himmel das Füllhorn seines Glückes über Ew. Hochwohlgeboren und Ihr ganzes werthes Haus ausschütten und jede Ihrer Unternehmungen segnen Ew. Hochwohlgeboren aber auch noch recht viele, viele, viele Jahre, diesen gleich, zurücklegen, und die Welt mit Ihren Kunstschätzen beglücken.
Scjhon seit vielen Jahren, seit ich so glücklich war die Werke Ew. Hochwohlgeboren kennen zu lernen, sind mir solche Ideale der Kunst gewesen, von keinen Werk anderer Meister übertroffen; viele Kenner und Künstler hatten dieselbe Meinung, doch mischten sich zuweilen auch Stimmen des Wiederspruchs darunter, von solchen, die den neuen Klingklang anhängen; wie sehr sind aber diese gefühllosen Menschen in der neuern Zeit beschämt, wie ganz Ew. Hochwohlgeboren unsterbliches Verdienst anerkennt worden. Wenn selbst die kalten Engländer durch Ew. Hochwohlgeboren himmlische Werke in Entzücken versetzt werden, was sollten erst die Deutschen thun, die so glücklich sind, den Musikgott Landsmann nennen zu können?
Ew. Hochwohlgeboren 3. Trio für Pianoforte, Violin, und Violoncello, werden täglich von mir mit meinen Kindern, meiner Tochter und jüngsten Sohn2, eingeübt und je öfter wir sie spielen, jemehr Schönheiten entdecken wir daran, so daß ich mich öfters der Thränen nicht enthalten kann, und nichts wünsche, als daß ich recht bald einmal so glücklich sein möchte, eines der größeren Werke Ew. Hochwohlgeboren von den Meister selbst dirigirt und aufgeführt zu hören. Wenn ich nicht bald sterbe, so werde ich diesen Wunsch zu realisiren und mir dadurch das Glück zu verschaffen suchen, Ew. Hochwohlgeboren einmal wieder sehen und Sie meiner tiefsten Verehrung, so wie meines fortwärhenden Dankes für Ihre große Güte persönlich versichern zu können.
Dürfte ich es wohl wagen Ew. Hochwohlgeboren an ein Versprechen zu erinnern, dessen Erfüllung mich ganz glücklich machen würde. Ew. Hochwohlgeboren waren nemlich so gütig, mir bei meiner Anwesenheit in Cassel, ein Blatt Noten von Ihrer eignen werthen Handschrift zu versprechen; wären es auch nur einige Zeilen, die Ew. Hochwohlgeboren mir einmal bei gelegener Zeit zu überschicken die Gewogenheit hätten, ich würde sie mir eine Reliquie verehren, bitte aber ganz ergebenst, mir meine Freiheit nicht zu verargen und die Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung und Verehrung zu genehmigen, mit der ich verharre als
Ew. Hochwohlgeboren
ganz ergebenster Diener
Carl. Mahr.
Hildburghausen
d. 30. Decemb. 1843.
Autor(en): | Mahr, Johann Christian Carl |
Adressat(en): | Mahr, Louis |
Erwähnte Personen: | Mahr, Johann Carl Sebastian Mahr, Louis Mahr, Wilhelmine |
Erwähnte Kompositionen: | Spohr, Louis : Trios, Vl Vc Kl, op. 124 |
Erwähnte Orte: | Hildburghausen |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1843123040 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Mahr an Spohr, 10.11.1842. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Mahr an Spohr, 18.09.1844.
[1] Johann Carl Sebastian Mahr.
[2] Louis Mahr.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (06.05.2022).