Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
An Seine Wohlgeboren
Herrn Louis Spohr
Dr der Musik, Churfürstl. Hessischer
Hofkapellmeister, Ritter &tc
zu
Cassel
in Hessen.1
Hochgeehrter Freund!
Sie haben mir so viel Wohlwollen gezeigt und sich so sehr als besonderen Gönner der Concerts spirituels bewiesen, daß ich es neuerdings wage, Ihre Gefälligkeit in Anspruch zu nehmen und Sie zu fragen, ob Sie uns für den Cyclus des Jahres 1844, der im Februar beginnt, nicht ein, hier noch unbekanntes, Werk von Ihner Meisterhand zur Aufführung mittheilen können. Was uns am meisten zusagt und unseren Kräften entspricht, sind Chöre, allenfalls auch mit langen Soli, Fugen und instrumental Compositionen. Können Sie uns durch Postwagen Partitur und Stimmen, oder auch nur erstere zukommen lassen, so können Sie überzeugt sein, daß damit erstens kein Mißbrauch geschieht, daß wir das Werk so gut ausführen werden, als es unsere Kräfte erlauben und daß wir endlich Alles in bester Ordnung zurückstellen werden. Sollte für Staudigl etwas sein, so ist es uns willkommen, denn er hat uns seine Mitwirkung zugesagt. Wir haben schon so manche Ihrer trefflichen Arbeiten unserm Publicum zum Genuße dargeboten, daß wir hoffen, auch hier keine Fehlbitte zu thun. Meine Collegen Holz und Titze laßen sich Ihnen vielmals empfehlen und vereinigen Ihre Stimmen mit der meinigen. Unsere musikalische Saison fängt trotz des Musikfestes und des philharmonischen Concertes etwas traurig an und das Publicum findet am Gewöhnlichen keinen Geschmack mehr. Bis jetzt ist auch kein Heros erschienen, der die Apathie zu besiegen im Stande wäre. Ich habe mit großem Interesse Ihre Triumphe in old England gelesen. In meiner Familie haben sich einige Veränderungen ergeben. Meine Schwägerin2 hat den Canzler des Oest. Consulates in Alexandrien geheiratet und wird jetzt schon in Egypten sein. Zu was führt nicht die Liebe? Mein Schwager3 ist wieder in Arco am Gardasee und pflegt seiner Gesundheit. Meine Frau ist wohl und läßt sich, so wie ich, der Frau Gemahlin und Ihnen bestens empfehlen. Ich bin daran, eine komische Oper4 von Freund Mosenthal in Musik zu setzen, der junge Mann hat wirklich viel Talent. Ich habe noch eine ältere komische Oper5 in drei Acten von Alois Jeitteles fertig; zwei Soprane, 1 Tenor, 1 Bariton, 1 Baß sind dabei beschäftigt, aber unsere Theaterverhältniße unter dem Italiener Balochino sind so gestellt, daß man kaum daran kommt, wenn man sich nicht zu bedeutenden Opfern verpflichten will. Wäre es vielleicht möglich, diese Oper in Cassel aufzuführen? verzeihen Sie mir diese Frage, die einem Vater nicht übel genommen werden darf. Es versteht sich, daß Sie das Werk zuvor durchsehen müßten. Viel Schönes von Mosenthal. Ich bin mit vorzüglicher Hochachtung und Freundschaft
Ihr ganz ergebener Diener
Lannoy
Stadt No 1142.
Wien 25. December 1843.
Autor(en): | Lannoy, Eduard von |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Balochino, Carlo Carneri, Bartholomäus von Gödel, Theresia Holz, Carl Lannoy, Josephine von Mosenthal, Salomon Hermann Staudigl, Joseph Titze, Ludwig |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Arco |
Erwähnte Institutionen: | Concerts spirituels <Wien> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1843122545 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Lannoy an Spohr, 09.03.1843. Spohr beantwortete diesen Brief am 07.01.1844.
[1] Auf dem befindet sich recht untern der stark verwischte Poststempel „WIEN / 25 [DEC]“, auf der Rückseite des gefalteten Briefs befindet sich der Stempel „30 D[EC 1843]“.
[2] Theresia Gödel.
[3] Bartholomäus von Carneri.
[4] Noch nicht ermittelt.
[5] Noch nicht ermittelt.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit nicht in den Anmerkungen anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (11.11.2021).