Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Herrn
Hofkapellmeister Spohr
Doctor
Cassel

franco!


Cannstatt, d. 7/8 43

Hochgeehrter Gönner & Freund!

Denken Sie sich meine Ueberraschung! Ja, ja! meine Frau besitzt eine seltene Entschlossenheit! Sie kam hier gerade an dem Tage an, an welchem ich die Hauptkur überstanden hatte1 & zum ersten Male aus dem Bette durfte. Meine Flechten sind fort; der Dr. Veiel ist ein wahrer Hexenmeister; nun gebrauche ich noch 3 Wochen zur Nachkur (für mich so gut als2 wie ein halbes Jahr) jedoch ich muß mich schon richtig fügen.
Mit größter Freude las ich im Spectator einen ausführlichen Bericht3 über Ihr Konzert in London Diesmal haben Sie die Engländer ganz besonders erwärmt. Diese No las ich am 18t July auf dem Dampfschiffbureau in Magdeburg so ganz in der Eile. Das Blatt müßte am 14t oder 15t July in London erschienen seyn.4 Das Nähere, die No etc. ist mir entfallen. Könnten Sie mir vielleicht Specielleres angeben? Vielleicht besitzen Sie das Blatt, denn es enthält eine köstliche Recension. Lange habe ich Nichts Gediegeneres & Ausführlicheres gelesen. Haben Sie es, so erbitte ich es mir auf hier mit direkter Post, denn ich habe hier Zeit den Artikel für meine Zeitung5 zu bearbeiten & Notizen daraus für die andern Blätter zu fertigen. Natürlich sende ich Ihnen den Spectator nach 2 Tagen dankbar zurück. –
In 10 bis 14 Tagen erhalten Sie Korrektur des 3ten Trios; auch habe ich in Hamburg Order gegeben, die Doppelsinfonie a 4 m, so bald sie vom Abschreiben zurück, Ihnen solche zur Durchsicht & Besserung zu senden. Der Arrangeur6 hat gewaltig über die mühsam schwierige Aufgabe lamentirt.
Ueber den Titel der Lieder ohne Worte habe ich mich schon manchmal etwas gequält – & gefunden es ist nicht so leicht einen passenden zu finden. Was meinen Sie zu dem folgenden:
Sechs
Duettinos
in Liederform für
Pianoforte & Violin
etc. etc,
Ich glaube dieser wird Ihnen gefallen? Er ist anspruchslos & das Wort „ohne Worte“ fehlt – wie Sie ja es wünschen.
Hartmann hat mir Lieder ohne Worte gemacht & sie kurz weg „Tonstücke“ genannt. Das ist aber ein gar zu armseliger nackter Titel.
Entspricht Ihnen mein obiger – so lasse ich denselben gleich stechen – erst aber warte ich Ihre Erlaubniß ab, im Fall Sie noch etwas Besseres haben.
Seit einiger Zeit ist wieder manches Interessante in meinem Verlage erschienen von Lipinski, Ole Bull, Hartmann, etc. – das beste davon werde ich Ihnen gleich davon senden, namentlich ist Mehreres dazwischen für Ihre Frau Gemahlin, der ich mich inzwischen recht angelegentlichst zu empfehlen bitte.
Meine Frau sieht mir so eben über die Schulter & fragt: nach Cassel? Da vergiß nicht recht herzlich von mir zu grüßen – was ich hiermit schönstens ausgerichtet haben will.

Mit Liebe & Freundschaft
Ihr Verehrer
Jul. Schuberth



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schuberth an Spohr, 01.06.1843. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schuberth an Spohr, 16.10.1843.

[1] „hatte“ über der Zeile eingefügt.

[2] „so gut als“ über der Zeile eingefügt.

[3] „Philharmonic Concert by Command“, in: Spectator 16 (1843), S. 659f.

[4] 15. Juli (vgl. die vorige Anmerkung).

[5] Kleine Musikzeitung. Blätter für Musik und Literatur.

[6] Eduard Biehl (vgl. Folker Göthel, Thematisch-bibliographisches Verzeichnis der Werke von Louis Spohr, Tutzing 1981, S. 208).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (22.03.2022).