Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Danzig d. 1. Juli 1843.

Hochgeehrter Herr Kapellmeister!

Schon seit einiger Zeit erbauen wir uns an Ihrem großen Meisterwerk, dem Oratorium: „Die letzten Dinge“, welches ich mit dem unter meiner Leitung stehenden Gesang-Verein einübe. Ich habe den großen Wunsch, das Werk zum Anfange des Herbst öffentlich aufzuführen, und da den Danziger die Gelegenheit noch nicht geworden ist, eines Ihrer herrlichen Oratorien zu hören, so möchte ich gar zu gern das Ganze auf eine wahrhaft würdige Weise in die Gunst des Publikums einführen. Dazu fehlt mir aber die Partitur. Für solche großartige Tonwerke ist eine Pianoforte-Begleitung nur ein schwacher Nothbehelf, das Orchester allein kann die Ideen der Meister erst in das rechte Licht setzen, und mit belebend, geistigen Hauch durchdringen. Ich wage daher die ergebenste Bitte an Ew. Wohlgeboren: mir für einige Zeit die Partitur nebst Orchesterstimmen zu dem erwähnten Oratorium gütigst anvertrauen zu wollen. Es wird mir eine angenehme Pflicht sein, da ich selbst ausübender Musiker aus der Schule Friedrich Schneiders in Dessau, zugleich durchdrungen von Verehrung Ihres großen Talentes und Ihrer hohen Meisterschaft bin, alle meine Kräfte an eine gelungene Aufführung des herrlichen Werkes zu setzen.
Herr Musikdirector Riel in Königsberg sagte mir vor längerer Zeit, wenn ich nicht irre, daß er im1 Besitz der Partitur zu den „letzten Dingen“ sei. Wenn sich das so verhält, so kann ich am leichtesten zu erhalten, wenn Ew. Wohlgeboren die große Gefälligkeit haben möchten, in Ihrem gütigen beantwortenden Schreiben an mich, das ich mir möglichst bald erbitte, einige Zeilen für Herrn Riel mit der Aufforderung, mir das Gewünschte leihweise zu übermachen, beizulegen. Im andern Falle, würden wir Alle hier es sehr hoch aufnehmen und mit dem größten Dank anerkennen, wenn wir so glücklich wären, das Werk aus des Meisters eigenen Händen zu empfangen.
Genehmigen Ew. Wohlgeboren die Versicherung unbegränzter Verehrung und Hochachtung, mit der ich mich nenne

Ihren ergebensten
F. W. Markull.
Ober-Organist an St. Marien Ober-Pfarrkirche
in Danzig.

Autor(en): Markull, Friedrich Wilhelm
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Riel, Johann Friedrich Heinrich
Schneider, Friedrich
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Die letzten Dinge
Erwähnte Orte: Danzig
Erwähnte Institutionen: Gesangverein <Danzig>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1843070144

Spohr



Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Markull an Spohr, 08.01.1851.

[1] „im“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (07.01.2022).