Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Catlenburg am 29ten März 1843.

Erlauben Sie, mein innigst verehrtester Gönner! ein Mahl auf den jungen Protégé1 Ihrer theuren Frau Gemahlin zurückzukommen, welcher nach Ihrer früheren gemeinsamen 2 Erwähnung gern in Landwirthschaftliches gehen mögte.
Abgerechnet, daß derselbe mir damahls, ni fallor3, noch etwas sehr jung für solchen Zweck zu seyn schien, ich glaube eben confirmirt, hatte ich hier auch üb[er]4 keinen Platz der Art zu disponiren; u in Reifenstein, – wo stets mehrere dergl. junge Leute sind, – bin ich wegen eines Prozent-Antheils des dasigen Administrator’s an den Ueberschüssen der Wirthschaft dahin jurirt, daß ich5 von dem allgemein festgestellten Satze von 30 Louis jährl. Lehr- u Kostgeld nicht abgehen kann.
Indeß ist nun aber hier eine derartige Vacanz durch Arrangement eines jungen Verwandten in eine besoldete Rolle entstanden, die mir möglich machen würde, in dessen Platz wiederum einen jungen Mann kostgeldfrey bey mir aufzunehmen; u so groß der Andrang darum stets ist, so habe ich doch den damahl geäußerten Wunsch für einen jungen Verwandten Ihrer genialen Frau Gemahlin fortwährend in Auge behalten, um ihm eintretenden Falles den Vorzug vor jedem anderen erst offeriren zu können.
Unerläßliche Bedingung aber ist, daß er eine feste, deutliche, u ich müßte selbst sagen schöne Hand schreibe! – weil diese Lehrlings-Stellung es mit sich bringt, häufig auch in der Abschreibung den übrigen jungen Leuten mit beyzuspringen, u dergl. Berichte, oder Zeitungen, meistens für Behörden resp. in Berlin u Hannover bstimmt sind, denen man anständiger Weise6 ungenügende Handschriften, - wie z. B. leider meine eigne! nicht wohl vorlegen kann.
Sollte der junge Mann für dergl. zweyfalles auch mannigfach lehrreiche Nebenleistung sich nicht eignen, oder für ihn bereits ein anderes genügendes Unternehmen für seinen Zweck gefunden seyn: so würden Sie mich durch dessen beschleunigte Erwähnung um so mehr verpflichten, als ein anderer sich dringend dafür gemeldet habender jungen Mann auf diese Entscheidung wartet; wogegen ich, wenn Ihr Wunsch noch der selbe ist, vielleicht hoffen darf, des jungen Mannes Bekanntwschaft dort zu machen, um dann das weitere mit ihm zu verabreden.
Da im v. J. die Char-Freytags-Probe, gegen die frühere bequemere Regel des Gründonnerstag Nachmittags, schon Mittewoch Nachmittag war: so würden Sie mich durch eine Notiz auch dankbar verpflichten, ob in d. J. die Probe schon Mittewochs, oder hoffentl. erst Donnerstags sey? Wenn gleich noch unentschieden ist, ob ich meine Dortkunft werde möglich machen können! –
Der von Ihnen als dem wahren Schutz-Engel aufblühender junger Talente!, mit so großem als gerechtem Edelmuthe empfohlenen kleinen Violin-Spieler August Kömpel ist mit seinem Vater seit Gestern bey uns; um während der Vorbereitung benachbarten Concerte wenigstens die Gasthaus-Ausgaben zu ersparen; – Mündlich mehr darüber! – indem die letzten Post-Minuten drängen!
So innig als dankbar

Ihr wärmster Verehrer
CFLueder.

Autor(en): Lueder, Christian Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Kömpel, August
Kömpel, Georg
Spohr, Marianne
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Katlenburg
Reifenstein
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1843032935

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrerspondenz ist Lueder an Spohr, 01.03.1843. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Lueder, 05.04.1843.

[1] Noch nicht ermittelt.

[2] Hier ein Wort gestrichen.

[3] „ni fallor“ (lat.) = „wenn ich mich nicht irre“.

[4] Unleserlich durch einen Tintenfleck.

[5] „ich“ über der Zeile eingefügt.

[6] Hier gestrichen: „keine“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.03.2021).