Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr Hochwohlgeboren
dem Herrn Capellmeister Dr Spohr
Ritter pp
zu
Cassel

Hibey eine gefälligst der Stuben-
Wärme nicht auszusetztende
Schachtel mit Eilf Stück frischen
Würsten, gezeichnet: H.C.S.
Cassel; nebst besonderer In-
halts-Declaration.1


Catlenburg am 8t Februar 1843.

So hoch, mein innigst verehrtester Gönner! die Sehnsucht bey dem Empfange Ihrer abermahls so unendlich freundlichen Einladung sich auch sich auch steigerte, vor allem Ihre C-moll Synfonie ein Mahl wieder zu hören, welche uns damahls im Stadtbau Saale einen so großen u herzlichen Genuß gewährte, – bey weitem der Glanzpunkt jenes interessanten Concertes! – so wollte es sich dieses Mahl doch nun gar nicht erreichen lassen! –
Daß ich meine Klage darüber Ihnen erste heute ausdrücke, vereint mit der innigsten Dankverehrung Ihrer so wohlwollenden abermahlichen Benachrichtigung, hat den Grund, daß die frischen Würstel, die ich leider nun zum Schluße derartiger diesjähriger Fabrication untern den herzlichsten Grüßen meiner Frau mit zusenden wünschte, erst Gestern Abend aus dem ungeheuren Wurst-Kessel glücklich ersteigen sind! –
Entschuldigen Sie mit dem abermahls dabey uns ereilenden Mangel an Schachteln, daß ich wiederium mit der gehorsamsten Bitte lästig werde, eine Leber- und eine Weis-Wurst der Frau von Malsburg Excellenz, so wie Ihrer verehrtesten Frau Tochter 1 Leber- 1 Roth- und 2 Weiß-Würste mit unserem angelegentlichsten Empfehlungen davon zuwenden zu wollen!
Vorausgesetzt, daß auch in der liebenswürdigen Wolf‘schen Familie eine in beliebiger Gemüse Suppe zum 2ten Mahle gekochteRothwurst ihre Liebhaber fände! indem ich entgegengesetzt gehorsamst anheim gebe, beyde Rothwürste Selbst zu behalten!
Da Sie Selbst das nächste – so viel ich weiß letzte, – AbonnementsConcert durch die noch von2 keinem andern Violin-Virtuosen gespielte Concertante zu verherrlichen beabsichtigen, – auch dafür die characteristische Doppel-Symphonie, – u vielleicht auch noch eine Mendelssohnsche Symphonie in Aussicht gestellt war: so bin ich um so mehr dabey interessirt, zu solchem Concerte denn wo irgend möglich eine abermahliche Wallfahrt zu Ihrem Parnasse antreten zu dürfen! – u darum würden Sie mich doppelt verpflichten, wenn Sie mir schon jetzt eine Mutmaßung über die Woche geben könnten, in welche solches fallen wird.
Leider werde ich im k.M. ein Mahl wieder nach Hanover müssen, wo ich seit 4 Jahren nicht war! – u diese Reise nach jenem einen dortigen musicalischen Glanzpunkte modificiren zu können, würde durch eine so gütige Uebersicht seines Emposteigens mir sehr erleichtert werden. –
Man schreibt uns von Hanover, daß zu dem Fest-Concerte bey den Vermählungs-Feierlichkeiten auch Liszt und Rubini dafür kommen würden! – Auch wird der jungen Kron-Princeß3 zu Ehren überhaupt nun mehr für die Bühne pp geschehen. Außer Döring ist nun auch Madame St. George engagirt; u die engagirte Sängerin, Fräulein Schrickel, soll vortrefflich seyn. Auch ein vorzüglicher Tenorist von Dresden wird zum Opern-Engagement erwartet; – wohl gar ein Tachitscheck4!? –
Der Postillon läßt schon in der Ferne sich hören! – Im Fluge so innig als unwandelbar herzlich u dankbar

Ihr wärmster Verehrer
CFLueder.



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Lueder, 13.01.1843. Spohrs Antwortbrief vom 15.02.1843 ist derzeit verschollen.

[1] Rechts oben auf dem Adressfeld befindet sich der Poststempel „CATLENBUR[G]“. Unter dem Adressfeld befindet sich von anderer Hand der Vermerk „Zoll mit 5½ Sgr. / bezahlt / Cassel d. 9/2 43,“, links davon der Stempel „KURF. HESS. HAUPTZOLLAMT / CASSEL“.

[2] „von“ über der Zeile eingefügt.

[3] Die spätere Königin Marie heiratete am 02.02.1843 den späteren Georg V.

[4] Sic! Vermutlich ist Joseph Tichatschek gemeint.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (16.03.2021).