Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. hist. litt. 15[195,18
Abschrift: British Library London, Sign. RPS 364, Bl. 178f. [kostenpflichtiger Zugang zum Digitalisat] (engl. Übers., teilw.)

Professor Taylor.
Red Lion Court. Fleet
Street, Printing Office
London.


Cassel den 8ten Febr.
1843.

Mein geehrter Freund,

Gestern erhielt ich von Herrn Watts einen Brief1, worin er anfragt ob ich nicht in der nächsten Saison einige der Philharmonischen Concerte dirigiren und in denselben Solo spielen wolle und fordert mich auf, in diesem Falle meine Bedingungen zu stellen. Diese Anfrage hat uns, meine Frau und mich auf den Gedanken gebracht, statt der projectirten Reise nach Paris, lieber die nach London zu machen, weil wir Ihnen dann Ihr liebes Töchterchen2 selbst wiederbringen könnten. Ja, vieleicht würde uns sogar Frau von Malsburg begleiten, da sie dringend zu einem Besuch bey Horsley eingeladen ist. - Bevor sich dieser Plan realisiren läßt, sind noch allerley Schwierigkeiten zu überwinden. Das letzte der Philharmonischen Concerte wird den 3ten Juli stattfinden wie mir Herr Watts schreibt. Da nun mein Urlaub am 18ten oder 19ten Juni beginnt, so kann ich den 24sten, spätestens den 25sten in London eintreffen. Es hat demnach keine Schwierigkeit, daß ich im letzten Philh. Concerte mitwirken kann. Da ich aber gern bey zweien thätig seyn mögte, so fragt es sich, ob das vorletzte Concert nicht um 8 Tage später seyn könnte, nämlich statt am 19ten am 26sten? Dann würde ich auch an diesem Theil nehmen können. Eine zweite Frage wäre, ob die Aufführung des Oratoriums „der Fall Babylons“ sich nicht bis zu meiner Ankunft verschieben ließe? oder ob vieleicht alsdann eine Wiederholung zu veranstalten wäre? Über alles dieses wünschte ich Aufklärung, bevor ich mich definitiv zu der Reise entschließe.
Ich ersuche Sie daher, mein verehrter Freund, mit Herrrn Watts oder den Directoren der Philharmonischen Gesellschaft zu reden und wenn es sich einrichten läßt, daß ich bey den 2 Concerten mitwirke, mit ihnen auch die Bedingungen zu unterhandeln und festzusetzen.
Da wir die Absicht haben nach vollbrachten Geschäften in London, eine kleine Excursion in's Land zu machen, um auch etwas mehr von England als die Hauptstadt kennen zu lernen, so würde es mir lieb seyn, wenn ich auch etwas zu den Reisekosten verdienen könnte. - Noch giebt es einen Punkt über welchen ich Sie bitte mit den Directoren der Ph. G. zu reden. Es ist folgender: ich will zwar gern auch als Geiger in den Concerten auftreten, doch wünschte ich, statt eines Concertes lieber eines meiner Doppelquartetten oder ein Quintett oder Quartett von meiner Komposition vorzutragen, weil ich jetzt nur noch selten Concerte spiele. Doch würde ich mich, wenn es vorzugsweise gewünscht wird, wohl auch dazu verstehen da ich noch so gut wie vor 3 Jahren als Spieler im Gange zu seyn glaube. [Daß in den Concerten, wo ich dirigire, einige meiner Kompositionen gemacht werden müßten, versteht sich wohl von selbst; auch werde ich eine neue Concertouverture im Manuscript mitbringen, die ich ohnlängst geschrieben habe.3 - Entschuldigen Sie meine vielen Bitten und Aufträge.
Ihre liebe Tochter ist gesund und vergnügt und besucht mit Frau von Malsburg und uns viele musikalische und andere Gesellschaften. Es geht mit dem Deutschreden schon besser und ehe wir sie Ihnen wiederbringen, wird sie eine vollständige Deutsche seyn. An alle die lieben Ihrigen die herzlichsten Grüße.

Mit inniger Freundschaft stets Ihr Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Taylor, Edward
Erwähnte Personen: Horsley, William
Malsburg, Caroline von der
Taylor, Margaret
Watts, William
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Der Fall Babylons
Spohr, Louis : Konzert-Ouvertüre im ernsten Stil, op. 126
Erwähnte Orte: London
Erwähnte Institutionen: Philharmonic Society <London>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1843020804

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Taylor an Spohr, 23.01.1843. Taylor beantwortete diesen Brief am 21.02.1843.
Bei der Abschrift handelt es sich offensichtlich um den von Taylor im Antwortbrief erwähnten Auszug für die Philharmonic Society.

[1] William Watts an Spohr, 30.01.1843

[2] Margaret Taylor.

[3] Eingeklammerter Text am linken Seitenrand eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (25.01.2019).