Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus.ep. Spohr-Correspondenz 1,7
Inhaltsangabe: [Ernst Rychnovsky], Beschreibendes Verzeichnis der Autographen-Sammlung Fritz Donebauer in Prag, 2. Aufl., Prag 1900, S. 22
Beleg 1: Sammlung Fritz Donebauer, Prag. Briefe, Musik-Manuscripte, Portraits zur Geschichte der Musik und des Theaters. Versteigerung vom 6. bis 8. April 1908 (= Katalog Stargardt), Berlin 1908, S. 97
Beleg 2: Georg Kinsky, Versteigerung von Musiker-Autographen aus dem Nachlaß des Herrn Kommerzienrates Wilhelm Heyer in Köln im Geschäftslokal der Firma Karl Ernst Henrici. Montag, den 6 und Dienstag, den 7. Dezember, Bd. 1, Berlin 1926, S. 100

22 Queen Street, May Fair
London 23 Dezember 1842

Verehrter Herr Kapellmeister

Es ist die Absicht des neuen Direktor‘s von Covent Garden Theater, Herrn Bunn Ihre Oper Jessonda mit der trefflichen Uebersetzung in‘s Englische von Herrn Bartholomew künftige Ostern zur Aufführung zu bringen, und ich bin hoch erfreut, dieses Meisterwerk der schon so oft als eine deutsche Oper in London den allgemeinen Beifall gefunden hat, nun zuerst bei dem großen englischen Publikum einzuführen.
Herr Bunn hat Staudigl den Antrag gestellt – in der Rolle des Tristan d‘Acunha sein Debut als ein englischer Sänger zu machen, und erwartet seine Antwort binnen 8 oder 14 Tagen. Nun handelt es sich nur um eine große Schwierigkeit in der Besetzung der Oper – Miss Kemble hat leider die Bühne verlassen, und wir haben als erste Sängerinnen blos Miss Rainforth, die eine recht gute Sopran Stimme besitzt und Mrs Alfred Shaw, eine ausgewiesene Altistin. Wenn es Ihnen nun möglich, die Rolle, sei es der Jessonda oder Amazili für Mrs Shaw, die ein großer Liebling des Publikums ist, einzurichten(?)1 so bin ich überzeugt, daß bei der glänzenden scenischen Ausstattung die in jeder Hinsicht der herrlichen Musik würdig sein wird und der ungemeinen Anregung und Theilnahme aller Musikfreunde und Künstler der Erfolg der Oper eben so glänzend als dauerhaft sein muß, und würde Ihnen daher unendlich verbunden sein, wenn Sie mich von Ihrem Entschluß sobald als möglich in Kenntniß setzen und zugleich benachrichtigen wollten, ob Sie die Ankündigung Jessonda Grand Opera as altered for the english stage by the Composer zu genehmigen geneigt wären.
Die finanziellen Verhältnisse der Theater Direktoren in London sind nichts weniger als glänzend. Ohne Unterstützung vom Gouvernement, unter dem Drucke einer sehr bedeutenden Miethe, (für Covent Garden Theater 6,000 Pf. St. jährlich) – und gegen eine immer mehr zunehmende Konkurrenz von neu entstehenden kleinen und wohlfeilen Bühnen kämpfend – fällt ein Unternehmer nach dem andern – nur in diesem Jahre allein sehen wir schon den dritten Direktor. Es muß also ganz Ihrem Ermessen uiberlassen bleiben welches Honorar Sie für Ihre Bemühungen in Anspruch zu nehmen gesonnen sind.
Wie sehr es mich freut, bei dieser Gelegenheit wieder mit dem großen Künstler in Berührung zu kommen2, den ich vor nun mehr als zwanzig Jahren in Dresden zu bewundern – und durch meinen alten Freund Hauptmann – zu lieben lernte – kann ich Ihnen mit kalten Phrasen kaum ausdrücken.
Ich hoffe, daß Sie mir bald Gelegenheit geben werden, Ihnen zu beweisen, wie sehr ich wünschte Ihnen meine gefühlteste(???) Hochachtung und Verehrung mit mehr als Worten an den Tag zu legen

Julius Benedict

Autor(en): Benedict, Julius
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Bartholomew, William
Bunn, Alfred
Bunn, Margaret
Hauptmann, Moritz
Rainforth, Elisabeth
Shaw, Mary
Staudigl, Joseph
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Jessonda
Erwähnte Orte: London
Erwähnte Institutionen: Covent Garden <London>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1842122344

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Benedict an Spohr, 16.06.1839. Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Benedict an Spohr, 22.07.1847.

[1] Bei diesem Wort Schrift verschmiert.

[2] „zu kommen“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (26.05.2020).