Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.6 <Moscheles 18490609>

Mr. Moscheles
Nro 3 Chester Place
Regents Park
London.1
 
 
Cassel den 9ten Juni
1842.
 
Hochgeehrtester Freund,
 
Der Überbringer dieser Zeilen ist Herr Julius Schuberth aus Hamburg, dem ich meine Doppel-Symphonie zum Verlag gegeben habe. Da diese nun, wie Sie mir melden, am 13ten dieses in dem Philharmonischen Concert gegeben wird, so bedarf man, zur Zeit der Ankunft des Hrn. Schuberth in London, meiner Partitur nicht mehr. Ich ersuche Sie daher, selbe dem Herrn Schuberth zu übergeben, oder sollte sie nicht in Ihren Händen seyn, dafür gefälligst Sorge tragen zu wollen, daß sie ihm von der Direction d. Ph. G. verabfolgt werde.
Empfangen Sie zugleich meinen herzlichen Dank für die viele Mühe, die diese Angelegenheit Ihren verursacht hat, so wie für Ihre freundlichen Benachrichtigungen. Wollen Sie das Maaß Ihrer Güte voll machen, so schreiben Sie mir noch einige Zeilen über die Aufführung selbst.
Ich bin jetzt sehr verstimmt, weil ich höchstwahrscheinlich den Urlaub zur Reise nach Norwich nicht erhalten werde. Das Gesuch, welches vom dortigen Ministerium des Auswärtigen durch die Frankfurter Gesandschaft deshalb an unsern Hof gelangt war, hat der Prinz ohne weiteres abgeschlagen und obgleich nun der Herzog von Cambridge dem Norwicher Comité versprochen hat, nochmals und zwar recht dringend deshalb an den Prinz zu schreiben, so darf ich doch kaum ein günstigeres Resultat erwarten, da dieser sich (gegen seine Umgebung) zu entschieden gegen die Reise ausgesprochen hat. Es wird mir sehr schwer, mich an den Gedanken zu gewöhnen, daß mein neues, für das Musikfest in Norwich geschriebenes Oratorium nun2 ohne mich dort zur Aufführung kommen soll! Wie viel glücklicher ist doch Mendelssohn in dieser Beziehung der den Urlaub zur Reise nach England sogleich von seinem König erhalten hat!
Den 20sten dieses werde ich zur Kur nach Carlsbad abreisen, die mir vom Arzt verordnet ist und den Rest der Ferienzeit zu einem Abstecher nach Dresden und Berlin verwenden. Den Urlaub während der Ferienzeit habe ich mir zum Glück contractlich bedungen, so daß er mir nicht verweigert werden kann. Könnte ich ihn nur auf eine andre Jahreszeit übertragen! -
An die Familie Horsley unsre herzlichsten Grüße! Meine Frau hat sich über die, Ihrem Briefe angehängten Zeilen sehr gefreut.
Mit der Bitte uns Ihrer Frau Gemahlin zu empfehlen, von Herzen ganz
 
[der Ihrige
Louis Spohr]
 
NS. Mein erstes Trio (ich habe nun ein 2tes geschrieben) ist von mir nun an Herrn Schuberth verkauft worden. Hat Wes[sel] in London es auch herausgegeben3, so ist er entweder von Herrn Schuberth dazu authorisirt, oder er hat es nachgestochen. - Herr G. Brandt (auf dem Canal scheint er geadelt zu seyn,) wurde hier von jemand „ein anständiger Windbeutel“ genannt; dieß charakterisirt ihn recht glücklich.



Dieser Brief ist die Antwort auf Moscheles an Spohr, 17.05.1842. Die Nachschrift dieses Briefs ist vermutlich die Antwort auf den derzeit nur fragmentarisch überlieferten Brief Moscheles an Spohr, 06.05.1842. Der Postweg dieses Briefs überschnitt sich mit dem von Moscheles an Spohr, 07.06.1842. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Moscheles an Spohr, 09.07.1842.
 
[1] Über der Adresse von anderer Hand: „L. Spohr 9ter Juny 1842“.
 
[2] „nun“ über der Zeile eingefügt.
 
[3] Vgl. Rez. „First Grand Trio, for the Pianoforte, Violin and Violoncello. - Louis Spohr“, in: Musical World 17 (1842), S. 172.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (04.05.2017).