Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr Wohlgeboren
Herrn Kapellmeister Dr Spohr
in
Kassel
Kurfstthum Hessen.

frei1


Hochgeehrter Herr Kapellmeister,

Meinen herzlichsten Dank sage ich Ihnen für den gütigen Antheil den Sie an dem, Ihnen zugeschickten Werke genommen haben. Ihr mildes, freundliches und offenes Urtheil ist mir der liebste Lohn, den mir meine Arbeit bis jetzt eingetragen hat. Hier begegnet einem dergleichen fast gar nicht, oder doch nur sehr ausnahmsweise. Bittersüße Schmeichelei oder böswillige Angriffe vertreten hier gewöhnlich die Stelle eines aufmunternden Lobes oder gutgemeinten Tadels. Vielleicht ist es an andern Orten auch nicht viel besser; aber doch denke ich mir, zu meinem Troste, die hiesige musikalische Kunstatmosphäre ganz besonders unlauter und trübe.
Daraus können Sie, verehrter Herr Kapellmeister, abnehmen, wie sehr ich mich darnach sehne, die Ihrem Schreiben ausgesprochene Hoffnung, Sie diesen Sommer vielleicht sprechen zu können, auf die eine oder die andere Art verwirklicht zu sehen. Es würde mir die größte Freude machen, von Ihnen recht viel zu hören und zu lernen. Hier sind Bücher fast meine einziger Unterricht.
Unter diesen erschwerenden Umständen stimme ich daher auch mit beklommenen Herzen in den Wunsch ein, den Sie für die Fortdauer meines Strebens in der Kunst geäußert haben; da ich leider recht gut fühle, wie wenig meine eigenen Kräfte so gewaltigen Stoffe gegenüber zureichend sind, namentlich da ein guter Theil meiner Zeit nun einmal für das Unterrichtgeben verwandt werden muß!
Die Symphonie ersuche ich Sie, recht gefälligst in Kassel aufbewahren zu wollen, da sich vielleicht bald eine passende Gelegenheit bereiten durfte, sie mir wieder zukommen zu lassen. Wahrscheinlich kommt meine Frau diesen Sommer, und möglicherweise ich mit ihr, nach Cassel.2
Genehmigen Sie den Ausdruck der vollkommenen Hochachtung und Verehrung mit der ich verharre

Ihr
ganz ergebener
Bernhard Schädel.

Frankfurt am 3t April 1842.

Autor(en): Schädel, Bernhard
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Schädel, Anna Elisabeth
Erwähnte Kompositionen: Schädel, Bernhard : Sinfonien
Erwähnte Orte: Frankfurt am Main
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1842040344

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Schädel. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schädel an Spohr, 20.04.1842.

[1] Auf dem Adressfeld befindet sich links unten der Poststempel „FRANKFURT / 3 APR / 1842 / 11-3“, auf der Rückseite des zusammengefalteten Briefumschlags befindet sich der Stempel „4 APR18[42]“.

[2] Anna Elisabeth Schädel stammte aus Kassel (vgl. Kristina Krämer, „Bernhard Schädel“, in: Musik und Musiker am Mittelrhein 2 | Online, hrsg. v. Axel Beer, Mainz 2018ff.),

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.05.2023).