Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Catlenburg am 22ten März 1842.


Im Fluge, mein innigst verehrtester Gönner! den herzlichsten Dank für Ihren geneigten Avis in Betreff der ersehnten Oratorien-Aufführung!12 deren Aenderung insofern mir recht erwünscht kam, als ich eben hatte beschließen müssen, die Partie aufzugeben, u erst Charfreytag Morgen dort einzutreffen! –
Dieses wird nun, wenn ich allein komme in der Frühe mit dem Goettinger Eilwagen, wenn aber, wie ich fest hoffe, meine Frau sich mögte entschließen wollen, mich zu begleiten, mit eigenen Pferden gegen Mittag, auch realisirt werden; u also in beyden Fällen auch den Genuß der Probe am Charfreytag Abend 6 Uhr mir glücklich noch erreicht werden! –
Die Versetzung des Oratorii in’s Theater ist hinsichtlich der so viel ruhigeren u bequemeren Plätzchens in der Loge, u ganz besonders wegen des sicherlich möglich klarer u deutlicher im Theater hervortretenden Details der Instrumentirung, auch mir ungleich liebe, als die Kirchen-Aufführung. Nur scheint mir ein übler Umstand dabey, daß man in dem dortigen Theater wegen mangel der Erläuchtung nicht lesen kann! – was gerade bey einer Musik dieser Art eine wesentliche Entbehrung ist. – Könnte es anständiger Weise nur geschehen: so nähme ich mein Handlaternchen mit in die Loge! – Besonders wird auch der Hochgenuß(?) durch das Mitlesen der Worte jeder einzelnen Stimme um so mehr gesichtert. –
Mit glühendem Interesse habe ich den mir so recht aus der innersten Seele genommenen Articel über Ihre wahrlich wundervoll in die verborgensten Tiefen des Gemüthes dringende Doppel-Symphonie in der Leipziger Zeitschrift für Musik gelesen!3 – u es hat mich dieser Articel in dem Beyblatte der dortigen Zeitung4 so entzückt, daß ich doch jene Leipzige neue Zeitschrift selbst mir auch noch halten werde! –
Ihre gar freundliche Verheißung, dieses Mahl auch Ihr Trio5 nun ganz hören zu sollen, und sogar die ersten Sätze noch wieder eines neueren Trio’s6, ist noch7 eine neue reiche Ausstattung der8 dort wieder Ihnen zu verdankenden hohen Kunstgenüße! – u auch für meine Frau, die sich Ihnen wie mit mir Ihrer unaussprechlich verehrten theuren Frau Gemahlin innigst empfiehlt, ein verdoppelter Reitz, diese Wallfahrt zu Ihrem Parnas9 ein Mahl mit zu wagen! – was, wenn es sich realisirte, natürlich auch meinen Genuß gar sehr erhöhen würde, durch dessen Theilung mit ihr! –
so innig als unwandelbar

Ihr dankbarer wärmster Verehrer
CFLueder.

Autor(en): Lueder, Christian Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Lueder, Wilhelmine Henriette Caroline
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Der Fall Babylons
Spohr, Louis : Irdisches und Göttliches im Menschenleben
Spohr, Louis : Trios, Vl Vc Kl, op. 119
Spohr, Louis : Trios, Vl Vc Kl, op. 123
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1842032235

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Lueder. Der nächste erhaltene Brief ist Lueder an Spohr, 19.11.1842, aus dem sich noch ein derzeit verschollener Brief von Spohr an Lueder erschließen lässt.

[1] Der Fall Babylons (vgl. „Cassel“, in: Wiener allgemeine Musik-Zeitung 2 (1842), S. 203f.).

[2] Hier ein Wort gestrichen („Schon“?).

[3] „Dreizehntes Abonnementconcert, d. 13. Januar“, in: Neue Zeitschrift für Musik 17 (1842), S. 35f., hier S. 36.

[4] Noch nicht ermittelt.

[5] Op. 119.

[6] Op. 123.

[7] „noch“ über der Zeile eingefügt.

[8] Hier ein Wort gestrichen.

[9] Der Gebirgsstock Parnass ist in der griechischen Mythologie den Musen geweiht.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (11.02.2021).