Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. hist. litt. 15[195

Mr. John Edward Taylor
Printing Office Red Lion-
Court, Fleet Street.
London.


Herrn Professor Taylor

Cassel den 17ten
März 1842

Hochgeehrtester Freund,

Kürzlich erhielt ich die Einladung1 zur Direction des Musikfestes, welches Anfangs September bey Enthüllung des Mozartsdenkmals in Salzburg stattfinden soll. Daß ich ablehnte, weil ich der Hoffnung lebe, bey dem Ihrigen gegenwärtig seyn zu können, versteht sich von selbst! Allein um so gespannter sehe ich nun den Schritten entgegen, die zur Erlangung des Urlaubs geschehen sollen! Da ist mir der bey Betrachtung der großen Affische2 die, wie Sie wissen, in meinem Kabinet hängt, aufgefallen, daß auch der Herzog von Cambridge zu den Patronen des Musikfestes gehört. Mit diesem ist unser Prinz3 in gutem Einvernehmen und da auch ich die Ehre habe, von dem Herzog persönlich gekannt zu seyn, so würde ein Brief von diesem an unsern Prinzen auch ohne Zweifel den Urlaub bewirken. Sollte daher ein Schreiben vom Prinz Albert an unsern Prinzen nicht zu erlangen seyn, so würde es auch zum Ziele führen, wenn der Herzog bewogen werden könnte, an den Prinzen zu schreiben. Dieß wollte ich Ihnen doch noch eilig mittheilen, ehe es vieleicht zu spät ist.4
Meine neue große Doppelsymphonie „Irdisches und Göttliches im Menschenleben“, von der ich Ihnen schrieb und deren Mottos ich Sie zu übersetzen bat, ist hier5 und in Leipzig6 gegeben und vom Publiko mit großer Theilnahme aufgenommen worden. Nach Ostern wird sie unter Moscheles Direction auch in London in der Philharmonischen Gesellschaft gegeben werden.7 Da Herr Bennet sie in Leipzig gehört hat8, so hoffe ich, wird er Sorge tragen; daß sie recht genau einstudirt werde und dann darf ich hoffen, daß sie dort den gleichen Erfolg haben werde wie hier. Hier in Cassel gefiel sie so sehr, daß ich sie auf vieles Begehren im letzten Abonnementsconcert wiederholen mußte, und sie ein so zahlreiches Publikum herbey lockte, wie wir noch in keinem unserer Concerte jemals gehabt haben. - Sollten Sie in London anwesend seyn, wenn sie aufgeführt wird, so werde ich mich sehr freuen, Ihr Urtheil über die Idee selbst und deren Ausführung zu hören! -
Meine Frau hat sich unendlich gefreut über den lieben Brief von Fräulein Catherine und wird ihn nächstens beantworten. Mit Verwunderung hat sie gelesen, daß diese auch die Güte gehabt hat, ihr den 2ten Theil ihres Buchs „Über Italien“9 zu senden, da er bis diesen Augenblick ihr auch nicht zu Händen gekommen ist. Sie freut sich nun aber sehr darauf und sieht ihm mit Ungeduld entgegen. - Die Bilderchen auf dem Briefbogen haben uns recht lebhaft nach Norwich versetzt und unsere Sehnsucht nach dem nächsten Feste dort noch gesteigert!
Die herzlichsten Grüße an alle die lieben Ihrigen von meine Frau und mir. Auch Frau von Malsburg, mit der wir gestern Abend in einem musikalischen Zirkel zusammen trafen, schließt sich diesen an. - Mit inniger Freundschaft stets ganz der Ihrige Louis Spohr.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Taylor, 03.01.1842. Taylor beantwortete diesen Brief am 29.03.1842.

[1] Noch nicht ermittelt.

[2] Noch nicht ermittelt.

[3] Der spätere Kurfürst Friedrich Wilhelm.

[4] Kurprinz Friedrich Wilhelm verweigerte Spohr den Urlaub, um die englische Erstaufführung seines Oratoriums Der Fall Babylons beim Musikfest in Norwich zu dirigieren.

[5] Vgl. „Leipzig, den 21. Januar 1842“, in: Allgemeine Musikalische Zeitung 44 (1842), Sp. 80-86, hier Sp. 82f.; „Cassel, am 6. Januar“, in: Jahrbücher des Deutschen Nationalvereins für Musik und ihre Wissenschaft 4 (1842), S. 31.

[6] Vgl. [Robert Schumann], „Dreizehntes Abonnementconcert, d. 13. Januar“, in: Neue Zeitschrift für Musik 16 (1842), S. 35f., hier S. 36.

[7] Vgl. Spohr an Ignaz Moscheles, 31.03.1842.

[8] Vgl. „Leipzig, den 21. Januar 1842“, Sp. 84.

[9] Catharine Taylor, Letters from Italy to a younger Sister, Bd. 1, Bd. 2, London 1841.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (07.01.2019).