Autograf: Bodleian Library Oxford (GB-Ob), Sign. GB 15: 131
Druck: John Michael Cooper und R. Larry Todd, „'With True Esteem and Friendship'. The Correspondence of Felix Mendelssohn Bartholdy and Louis Spohr“, in: Journal of Musicological Research 29 (2010), S. 171-259, hier S. 246; englische Übersetzung S. 205

Sr. Wohlgeb.
Herrn Dr. Mendelssohn
Bartholdy
Königl. Preußischer
Hofkapellmeister in
Berlin.


Cassel den 11ten März
1842.

Geehrtester Herr und Freund,

Der Überbringer dieser Zeilen ist Herr Ritmüller, Instrumentenbauer aus Göttingen, ein höchst geschickter Künstler seines Fachs, der in neuester Zeit Pianoforte's mit von ihm verbesserter englischer Mechanik gebaut hat, die sicher zu den besten gehören, die es giebt. Wir besitzen hier zwei dieser Instrumente, die in Fülle, Kraft und Klang des Tons alle hiesigen Instrumente von Wiener Meistern übertreffen. Außerdem ist Herr Ritmüller auch ein tüchtiger Musiker und guter Clavierspieler und gebildeter Mann und ich hoffe daher Ihre Verzeihung zu erhalten, daß ich ihn, seinem Wunsche gemäß, in Ihre Bekanntschaft einführe und Sie bitte, ihm durch Rath behülflich zu seyn, wie er die interessanten Musikaufführungen der Charwoche1 höre, und die musikalischen Authoritäten Berlins kennen lerne.
Ich sehne mich recht sehr, Sie einmal wieder zu sehen und so manches mit Ihnen zu besprechen. Sollten Sie daher im Monath Juli in Berlin seyn; so werde ich auf der Rückreise von Carlsbad, wohin ich leider wieder von den Ärzten geschickt werde, nicht verfehlen, auf einige Tage dorthin zu kommen. Im September gehe ich nach Norwich um mein Oratorium der Fall Babylons beym Musikfeste zu geben, wenn es mir nämlich gelingt, den Urlaub auszuwirken, was leider noch problematisch ist.
Über die hiesige Aufführung Ihrer Symphonie-Cantate, so wie auch die meiner neuen Symphonie „Irdisches und Göttliches im Menschenleben“2 kann Ihnen Herr Ritmüller erzählen, da er beyde male hier war.
Mit den herzlichsten Grüßen an Ihre Frau Gemahlin ganz

der Ihrige
Louis Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Mendelssohn, 16.01.1841. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Mendelssohn, 23.01.1843. Möglicherweise entstand vorher noch ein Empfehlungsschreiben von Spohr an Mendelssohn für Friedrich Kiel, das jedoch nicht abgegeben wurde.

[1] Cooper und Todd transkribieren hier „Theaterwoche“.

[2] Vgl. „Cassel am 6. Januar“, in: Jahrbücher des Deutschen Nationalvereins für Musik und ihre Wissenschaft 4 (1842), S. 31.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (26.06.2020).