Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Pietro Mechetti qm1 Carlo.
kais. königl.
Hof-Kunst- und Musikalienhandlung2

Wien, am 17. Jänner
1842.

Werthgeschätzester Herr Kapellmeister!

Ich habe mich zuvörderst wegen des so lang verzögerten Erscheinens der historischen Sinfonie zu entschuldigen, hoffentlich werden Sie mir deßhalb Ihre gütige Verzeihung nicht vorenthalten, wenn ich Ihnen bemerke, daß verschiedene Neuigkeiten à jour und nächst dessen ein neues(?) Album3 zur Unterstützung des Beethoven-Monuments in Bonn, meine Arbeiten und Person seither über die Gebühr beschäftigte, jetzt steht jedoch das Erscheinen sämtlicher Arrangements der Sinfonie innerhalb 4 Wochen sicher bevor.
Interessantere Mittheilung habe ich Ihnen aber darüber zu machen, daß es meinen Bemühungen gelang, das Directoren der Concerts spirituels zur Aufführung Ihrer historischen Symphonie im nächsten Monat zu bringen. Die bedeutendsten Kunstnotabilitäten unsrer Residenz haben Einsicht in die Partitur genommen und einstimmig die rühmlichsten Urtheile abgegeben; namentlich ist Freiherr von Lannoy, der das Werk im Concert spirituel dirigiren wird, ganz besonders für dasselbe eingenommen und wird Ihnen unmittelbar nach der Aufführung ein besonderes Schreiben darüber zugehen lassen. – Nachdem Ign. v. Seyfried bekanntlich in das Jenseits hinübergegangen, scheint mir von hiesigen Musik-Literaten Prof. Dr. J.A. Becher aus London (Correspondent der Leipz. Neuen Zeitschr. f. Musik, jetzt hier domicilirt) am Meisten zu einer umfassenden Besprechung der histor. Sinfonie geeignet; ich sehe hierüber Ihrer Zustimmung oder anderweitigen Vorschlägen entgegen.
Nun habe ich Ihnen aber noch mit einer besondern Bitte, die ganz eigentlich nicht von mir, sondern von dem Directorium des Concert sprituel ausgeht, lästig zu fallen. Das Directorium beabsichtigt nämlich auf den Programm und überhaupt die Sätze „Bach-Händel‘sche, Hadyn-Gluck, Mozart-Beethoven sche Periode“ wegzulassen und nur die Jahrhundertzahlen, also z.B. Periode von 1750-1780 etc. aufzuführen. Der Grund daher, im Wesentlichen keine Veränderung herbeiführenden Auslassung leitet das Directorium daraus ab, weil die ersteren ursprünglichen Bezeichnungen bei gewissen Partheyen zu Mißdeutungen Anlass geben könnten, welche Ihren berühmten Namen zwar keineswegs Eintrag thun, Ihnen selbst aber doch vielleicht unangenehm seyn möchten, was sich auf die angegebene Art am Zweckmäßigsten vermeiden läßt. – Ich bemerke Ihnen insbesondere, daß diese Mittheilungen keineswegs von mir, sondern als4 vom Comite der Concerts spirituels ausgehend zu betrachten sind, in deren Auftrage ich eigentlich diese Zeilen an Sie richte.
Haben Sie nun die Güte mich baldgefälligst zu unterrichten, wie Sie es in dieser Beziehung, d.h. ob mit oder ohne Namen der fraglichen Musikherren oder Bach bis Beethoven, somal bei den Programmen halb bis den Werktiteln der Sinfonie gehalten haben wollen. – Ich werde alsdenn in Betreff des Titel genau Ihren Befehlen entsprechen und habe indeßen die Ehre mich zu empfehlen

Mit Hochachtung und Ergebenheit
Pietro Mechetti qm Carlo
./.5

Autor(en): Mechetti, Pietro
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Becher, Alfred Julius
Lannoy, Eduard von
Seyfried, Ignaz von
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Historische Sinfonie, op. 116
Erwähnte Orte: Wien
Erwähnte Institutionen: Concerts spirituels <Wien>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1842011756

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Mechetti an Spohr, 04.10.1841. Spohr beantwortete diesen Brief am 24.01.1842.

[1] Abk. f. „quondam“ = hier „vormals“.

[2] Bis hier Vordruck auf dem Briefpapier.

[3] Album Beethoven. Dix morceaux brillants pour le piano / composés par Messieurs Chopin, Czerny, Döhler, Henselt, Kalkbrenner, Liszt, Mendelssohn Bartholdy, Moscheles, Taubert et Thalberg et publiés par L'Editeur P. Mechetti pour contribuer aux frais du monument de Louis van Beethoven à Bonn, Wien [1842].

[4] „als“ über der Zeile eingefügt.

[5] Bei dem Zeichen „./.“ handelt es sich um einen freimaurerischen Zusatz zur Unterschrift (Philippe A. Autexier, Lyra Latomorum. Das erste Freimaurerliederbuch. Masonica über Haydn Mozart Spohr Liszt, pdf-Version nach dem Typoskript im Deutschen Freimaurermuseum Bayreuth, S. 340 und 348).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit nicht in den Anmerkungen anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (15.12.2021).