Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Ein Packet Gedrucktes in Pappe
HS gez. an
Hofcapellmeister L Spohr
Doctor
Cassel

franco1


Hamb., 8/1 42.

Hochgeehrter Freund!

Endlich bin ich im Stande Ihnen Korektur des Trios zu senden. Es hat lange gedauert – aber das alte Sprichwort bewährt sich hier etc.
Die Korrektur habe ich hieselbt von 2 verschiedenen Meistern lesen lassen und am Schlusse brachten wir das Meisterwerk zur Aufführung, wo noch so mancher Fehler entdeckt wurde. Morgen kommt es in meiner Soirée durch Mortier de Fontaine von Paris zur Aufführung.
Das Trio O119 ist das großartigste, was bis jetzt existirt. Alle alten & neuen Meister müssen sich damit geschlagen fühlen. Bei der Aufführung grenzte meine Freude an Wahnsinn. –
Angelegentlich ersuche ich nun, um baldige Rücksendung, damit der Druck vor sich gehen kann.
Bei der Krönung der Preissonaten2 gabs gewaltige Debatten. Ich denke nun durch Herausgabe 3er PreisSonaten Alles vereinigt zu haben, was nur von Pianisten & den Kritikern verlangt werden kann. Das Werk von Hartmann ist wirklich vortrefflich – aber gewaltig ernst & eigentlich nicht recht claviermäßig, aber gewiß das Originellste & Gediegenste3 was seit langer Zeit erschienen.
Hr. Hartmann, der die Kunst zum Vergnügen treibt (er ist ein Millionair)4 hat sich durch die Mittheilung Ihres Urtheils sehr geehrt gefühlt & wird sich bald die Freiheit nehmen5 mit Ihnen in Correspondenz zu setzen.
Wie hat Ihnen Liszt gefallen & wie wurde er überhaupt dort vom Publikum aufgenommen?6 Jetzt ist der Virtuose in Berlin & hat außerordentlichen Succès. – Durch welchen dortigen Buchhändler kann ich Ihnen regelmäßig die Fortsetzung des Musikblattes7 senden? – Einige Kleinigkeiten habe ich mir erlaubt dem Packete beizufügen. Ihnen & den lieben Ihrigen meine schönste Empfehlung

hochachtungsvoll
Jul. Schuberth

In Angelegenheit des Norddeutschen Musikvereins überreiche ich Ihnen einige Briefe von Leonhard. Lauban & Hartmann in Copenhagen, die ich mir gelegentlichst zurück erbitte. Von Vollweiler8 ist noch keine Nachricht von Petersburg eingetroffen. Dieser V. stammt aus Frankfurt dessen Vater9 noch in oder bei Frankfurt lebt & als ein tüchtiger Theoretiker bekannt seyn soll.
In der nächsten Sitzung welche Ende Janua[r]10 stattfindet sollen einige Ehrenmitglieder e[rnannt] werden, es kamen dabei Liszt, Chopin Reissiger etc. provisorisch auf die Liste. Haben Sie doch die Güte sechs bis acht Vorschläge zu machen damit in der Sitzung drei davon gewählt werden können.

Hochachtungsvoll
Jul. Schuberth
Geschäftsleiter d. Mus. Ver.

Hamb., 8.1.42.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schuberth an Spohr, 14.10.1841. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Schuberth, 22.02.1842.

[1] Auf der Umschlagseite findet sich außerdem noch der Vermerk „1061“ nebst einem unleserlichen Kürzel.

[2] Die Beiträge zu einem Kompositionswettbewerb für eine Klaviersonate, den der von Schuberth gegründete Norddeutsche Musikverein ausgeschrieben hatte und dessen Preisrichtergremium Spohr angehörte (vgl. [Robert] Sch[umann], „Drei Preissonaten für das Pianoforte componirt“, in: Neue Zeitschrift für Musik 16 (1842), S. 177ff.; „Preisangelegenheit“, in: Jahrbücher des Deutschen Nationalvereins für Musik und ihre Wissenschaft 4 (1942), S. 16; „Hamburg, 18. Dez.“, in: Didaskalia 22.12.1841, unpaginiert).

[3] „& Gediegenste“ über der Zeile eingefügt.

[4] Diese Angaben passt nicht zur Biografie von Johann Peter Emilius Hartmann, dessen Sonate in dem Wettbewerb den dritten Preis errang.

[5] Gestrichen: „sich“.

[6] Liszt konzertierte am 19.11.1841 im Kasseler Hoftheater und trat in den vorgehenden und nachfolgenden Tagen privat bei Spohr und anderen auf (vgl. Michael Saffle, Liszt in Germany 1840-1845. A Study Sources, Documents And The History Of Reception (Franz Liszt Studies Series No. 2), Stuyvesant, NY 1994, S. 240).

[7] Blätter für Musik und Literatur.

[8] Carl Vollweiler.

[9] Georg Jacob Vollweiler.

[10] Textverlust durch Siegellack.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (10.03.2021).