Raymund Härtel für den Musikverlag Breitkopf & Härtel an Louis Spohr in Kassel

S^r Wohlgeboren
Herrn Hofkapellmeister Doctor
Louis Spohr
in
Cassel.

frei


Geehrtester Herr Doctor,

mit Ihrem verehrten jüngsten Schreiben empfingen wir zugleich den Klavierauszug Ihres Oratoriums. Bei einer flüchtigen Einsicht in denselben finden wir nun, daß Sie mehrere Nummern, besonders des zweiten Theiles, mit vierhändiger Begleitung versehen haben, und dieser Umstand veranlasst uns, Ihnen, bevor wir den Stich beginnen, nochmals zu schreiben.
Wir verkennen nicht, welche Schwierigkeiten es habe, ja wie es unmöglich ist, die reiche Instrumentation in dem Klavierauszuge gehörig wiederzugeben, und daß es deshalb für den Autor angenehm sei, in der vierhändigen Begleitung wenigstens etwas mehr Mittel zu haben; doch werden Sie auch uns zu geben, daß es, besonders bei Aufführungen in Academien, Singekränzchen usw. gar zu schwierig, oft ganz unmöglich ist, den zweiten Accompagnateur zu finden, und es würde somit die Brauchbarkeit des Klavierauszuges (und somit der Vertrieb desselben) gar sehr geschmälert werden.
Wir richten daher die Bitte an Sie entweder selbst ein zweihändiges Arrangement der Begleitung der betreffenden Nummern, wenn es auch für die Spieler schwer wird, zu veranstalten, oder uns zu gestatten, daß wir für dasselbe sorgen dürfen.
Von Ihrer Güte dürfen wir wohl hierüber recht bald einer Antwort entgegensehen, inzwischen empfehlen wir uns Ihnen mit vollster Hochschätzung

Ihre ergebensten
Breitkopf & Härtel

Leipzig, d. 1. Dezbr 1841.


Schreiber obiger Zeilen, der wöchentlich unter Direktion des Musikdirektor Pohlenz bei sich einen Verein zu Ausführung geistlicher Musiken versammelt, erlaubt sich noch die Bitte auszusprechen, ob Sie, da der Druck der Singstimmen doch noch einige Zeit aufhalten dürfte, wohl die Güte haben würden, Ihre Solo und Chorstimmen (letztere nur in 4 facher Anzahl), die Sie ja von der frühern Aufführung her wohl noch besitzen, ihm auf kurze Zeit zu leihen.
Wir wünschten gar sehr Ihr neues Werk, wenn auch nur bei Clavier-Begleitung recht bald näher kennen zu lernen, und würden Ihnen daher für die Erfüllung dieser Bitte gar sehr verbunden sein.
Im günstigen Falle würde ich um direkte Zusendung per Post bitten, und jedenfalls sorgen, daß die Stimmen bald und unbeschadet wieder an Sie zurückgehen.
In größter Verehrung

Ihr ergebenster
Raymund Härtel