Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

franco!

Herrn Hofkapellmeister
Doctor L. Spohr
in
Cassel

Nebst 1 Packet
gechriebene Musikalien
in Leinen.
gez. HDS No 41


Hamburg, 14/10 41.

Hochgeschätzter Freund!

Auf Ihre gestrige Zuschrift habe ich das Opus 118 acceptirt & so wird ja Alles in Ordnung gehen. Den Stich des Trios O 119 lasse ich auf das Pompöseste in Partiturstich herstellen, sie werden Ihre Freude darüber haben.
Mit Liszt habe ich in letzter Zeit heftig correspondirt & so kann ich Ihnen denn sagen daß er im December von Braunschweig nach Cassel geht – er wird Ihnen Ihr Quintett vorspielen & ist das Trio 119 bis dahin fertig dann auch dieses. Er ist Meister in Ausführung fremder Compositionen – Henselt aber nicht[.] Diesen Clavierheros habe ich denn auch ziemlich nahe kennen gelernt, jedoch beschränkt er sich meistens auf seine eignen Compositionen.
Vor etwa 10 Tagen überraschte uns Herr Ernst, von welchem ich die feste Zusage erhalten habe, daß er im Frühjahr kommen würde – dann soll er aber auch bei Ihnen Concert geben, ich will mein Möglichstes thun.2
Hierbey              1 Liszt Biographie3
                          1 – Schubert geistliche Lieder gratis4
                          1 Musikzeitung5 (die fehlenden Nummern bitte anzugeben)
ferner                 2 Violinstimmen die ich bitte mit Fingersatz zu versehen & zu corrigiren – – seyn Sie so gefällig – sie wird dadurch leichter. Bei Rücksendung der 43 Sonaten6 bitte ich die 2 Stimmen beizufügen.
Der Termin an welchem die Sieger7 publicirt werden müssen ist mit dem 1tn Nvbr. abgelaufen – ich bin also in Noth & in Angst wegen Verspätung. Meine Reise nach Rußland (bis Moskau) ist mit ziemlichem Erfolg gekrönt – aber sie hat auch ein enormes Geld gekostet. Meine Frau hat sich tapfer wie ein Ritter gehalten – sie grüßt die liebe Ihrige herzlich & ich empfehle mich zur ferneren Gewogenheit freundschaftlich

Julius Schuberth

In Bezug auf die 43 hiebeifolg., Preis Sonaten bemerke ich noch daß außer den 2 siegenden noch 2 belobende öffentlich Erwähnung finden sollen – betreffend diejenigen welche durch einfache aber gute Arbeit sich auszeichnen.
JS.



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Schuberth. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schuberth an Spohr, 08.01.1842.

[1] Auf der Umschlagseite findet sich außerdem noch der Vermerk: „1665“ nebst einem unleserlichen Kürzel. Außerdem ist der gesamte Brief einmal in der Mitte glatt und ohne Textverlust durchgerissen.

[2] Tatsächlich besuchte Heinrich Wilhelm Ernst Kassel 1842 nur auf der Durchreise (vgl. Spohr an Wilhelm Speyer, 02.01.1843).

[3] Christern, Franz Liszt. Nach seinem Leben und Wirken und authentischen Berichten dargestellt, Hamburg und Leipzig [1841].

[4] Der Hinweis „gratis“ bezieht sich auf die ersten beiden Posten der Aufzählung, was im Manuskript durch eine Klammer am Ende der Zeilen vor dem entsprechenden Hinweis deutlich gemacht ist.

[5] Die von Schuberth herausgegebenen Blätter für Musik und Literatur.

[6] Bei diesen 43 Sonaten handelt es sich offenbar um die eingereichten Beiträge zu einem Kompositionswettbewerb für eine Klaviersonate, den der von Schuberth gegründete Norddeutsche Musikverein ausgeschrieben hatte und dessen Preisrichtergremium Spohr angehörte (vgl. [Robert] Sch[umann], „Drei Preissonaten für das Pianoforte componirt“, in: Neue Zeitschrift für Musik 16 (1842), S. 177ff.; „Preisangelegenheit“, in: Jahrbücher des Deutschen Nationalvereins für Musik und ihre Wissenschaft 4 (1942), S. 16; „Hamburg, 18. Dez.“, in: Didaskalia 22.12.1841, unpaginiert). Die Sonaten kamen offenbar erst mit dem gemeinsam mit diesem Brief übersandten Paket zu Spohr, wie aus der Nachschrift dieses Briefes hervorgeht.

[7] Auch diese Bemerkung bezieht sich offenbar auf den oben genannten Wettbewerb.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (08.02.2021).