Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr Wohl gebohrner Herrn Capellmeister Spohr in Cassel

Hochgeehrtester Herr und Freund.

Da sich mir eine so schöne Gelegenheit anbiethet einen so lang gehegten Wunsch zu verwirklichen, nehmlich ein Portrait von Ihnen zu besitzen, welches der Überbringer H. Fraas mir gern nach London bringen würde, Sie würden mich daher sehr beglücken wenn Sie sich mich mit einem desselben beehren wolten, ein solches Bild denen die meine Stube zieren, wesentlich die von Händel, Haydn, Seb. Bach, Mozart, Beethoven u. C.M. Weber u.a. mehr, beizusellen.
Ein unerklärbarer Hang der mich von jeher gemartert, nehmlich die Gefühle die mich beim erbliken der Lieblinge der Musen, seis auch nur ein ttreues Bild von denselben, durch dringen mich stets anreizen solche in eine Schwester-Kunst, nehmlich in Versen zu ausern, in einer Kunst in der mir doch alles gebricht was mich dazu berechtigen könne. Doch das Herz tiranifirt nicht selten über das Unvermögen des Kopfs!
Die Verse die ich mir erlaube beizufügen, und die mir Ihr Seelenvolles spiel bei Ihrer ersten Erscheinung in London meinem Busen entlokten, und die ich1, damals, auch eitelkeit genug hatte Ihnen2 mit zu theilen, harrten schon lange auf den so hoch verehrten Gegenstand, doch ich vergebe mir gerne diese eitelkeit weil mich solche an Ihre Gegenwart und an die herzlich genossenen Stunden erinnere! –
Nebst meinem Ergebensten und herzlichsten Gruß an Madam Spohr Ihre Gemalin
Habe ich die Ehre mit aller Hochachtung und Freundschaft zu beharren

Ew. Wohlgb.
Aufrichtig Ergebenster Freund u Diener
J.A. Stumpff

London
den 29sten September 1841
44 Great Portlandstreet
Portland Place

PS. Daß ich mich ungern in der Muttersprache zu schreiben abgehe, weil ich es nicht verstehe, werden Sie dem Geschmiere ansehen und verzeihen –


Huldigung
Dein Spiel entzückt den Freund der Kunst v Spohr!
Dir lauscht ergötzt des Herzens innres Ohr,
Die schöne Psysche3 huldigt deinen Tönen,
Und richt den Kranz, die Schläfe Dir zu krönen;
Nur sie allein heißt Künstlerwerke leben,
und auf dem Strohm der Zeit, wie Luftgebilde schweben.
Die schreitest kühn voran auf jener Bahn zum Ruhme,
Die Deutscher Geist sich brach zu lichten Heiligthume;
Wo Händel, Haydn, Bach, empfingen Siegeskronen
wo Mozart ward ein Licht, Beethoven ewig thronen.

An Herrn Luis4 Spohr,
gewagt von seinen Verehrer und Freund
J.A.S.
in London

Autor(en): Stumpff, Johann Andreas
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Bach, Johann Sebastian
Beethoven, Ludwig van
Fraas, M.G.
Händel, Georg Friedrich
Haydn, Joseph
Mozart, Wolfgang Amadeus
Weber, Carl Maria von
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1841092944

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Stumpff an Spohr, 18.04.1835. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Stumpff an Spohr, 24.04.1844.

[1] Hier ein Wort gestrichen.

[2] „Ihnen“ über der Zeile eingefügt.

[3] Sic!

[4] Sic!

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (19.07.2022).