Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Wohlgeborner Herr!
Hochzuverehrender Herr Kapellmeister!

Nehmen Sie hochgeehrtester Herr Kapellmeister! meinen verbindlichsten gefühlten Dank für die ausgezeichnete Güte und die echt künstlerische, liebevolle Bereitwilligkeit, mit der Sie meiner ergebensten Bitte um die Mittheilung Ihres vortrefflichen Konzerts nicht nur willfährig entgegen kamen, sondern auch die mich ehrende Absicht hatten, das Werk meinen Händen übergeben zu wollen. Ich hege mit meinem lieben Vater gleiches Leidwesen kurzen Anwesenheit hier, hochgeehrter Herr Kapellmeister! meine tiefe Verehrung für Sie und Ihre Werke persönlich an den Tag legen zu könnnen. Es verbereitete sich allerdings schon früher ein dunkles Gerücht, daß Sie nach Stuttgart kommen würden; allein theils wurde demselben von mehreren Seiten widersprochen: hauptsächlich aber von Männern, mit denen Sie in engerer Verbindung stehen, nicht weiter verbreitet, noch als wahrhaft begründet denen mitgetheilt, welche das meiste Interäße daran nehmen konnten und mußten Gerade die Tage, zu welchen Sie hier eintrafen, und bey dem Herrn Musikdirektor Molique eingeladen waren, benützte ich meine frei Zeit um meine Eltern auf dem Lande zu besuchen; und als ich nach meiner Nachhausekunft davon in Kenntniß gesetzt wurde, und Ihnen im Gasthofe meinen schuldigen Besuch abstatten wollte, vernahm ich, die für mich so unangenehme Nachricht, daß Sie bereits abgereißt seyen. Ich will und muß nun der zu hoffenden Gewißheit leben, daß wir späterhin dennoch das Glück einer persönlichen Annäherung zu Theil werde.
Schließlich ersuche ich Sie noch, geehrter Herr Kapellmeister! mir hinsichtlich des Bagirens des Konzertes noch eine Frist gütigst zu gestatten, da ich gerade jetzt im Dienste sehr beschäftigt bin, und es nicht in fremde Hände kommen lassen will. Ich werde es nun emsig und mit dem bestmöglichen Fleiße einstudiren, um es diesen Winter öffentlich vorzutragen und hoffe, Ihnen keine Schande zu machen: Mich hochachtungsvollst empfehlend
verbleibe ich stets

Euer Wohlgeb.
ganz ergebenster Diener
Karl Häser

Stuttgart, den
15ten Sept. 1841.

Autor(en): Häser, Karl
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Molique, Bernhard
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Konzerte, Vl Orch, op. 17
Erwähnte Orte: Stuttgart
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1841091544

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Häser an Spohr, 19.06.1841.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (03.04.2023).