Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hochgeehrtester
Hochzuverehrender Herr Kapellmeister!

Eine große, mehr als väterliche Sorgfalt, welche Ew. Wohlgeboren für meinen Sohn tragen, zu vergelten ist mir freilich nicht möglich; doch werde ich mich gewiß bestreben, soviel in meinen geringen Kräften steht, erkenntlich dafür zu sein. Da die Buchhandlung v. Theodor Fischer erst von Leipzig aus die Anweisung zuer Zahlung der Rechnungen Ew. Wohlgeboren erhält, so würde es vor jetzt zu lange dauern; ich beeile mich daher Ew. Wohlgeboren anbei einsweilen 50. Th, und zwar 45 Stück einzeln Thalerscheine und 1 Stück 5 Thalerschein, zu übersenden. Da Ew. Wohlgeboren mir keine weitere Rechnung mitschickten, so folgen 15 Th für Kost und Logis bei H. Amende bis letzten Septemb, ferner 12 Th für Ew. Wohlgeboren Stunden, 8 Th für die Stunden des H. Hauptmann bis letzten d.M., wöchentlich auch 2 Stunden gerechnet, welche mein Sohn wahrscheinlich gehalten haben wird. Ew. Wohlgeboren bitte ich ganz ergebenst, diesen Betrag an H. Hauptmann gefälligst zu übermachen. Noch folgen 1 Th 12 gr. Taschengeld für meinen Sohn bis letzten Septemb, und da mir nicht bekannt ist, wieviel Ew Wochgeboren für den Transport des Pianoforte und vielleicht ausserdem noch ausgelegt haben, so liegen 13 Th 12 gr. bei; macht in Summe 50 Th.
Da Ew. Wohlgeboren schon so viel Mühe auf sich genommen haben, so bitte ich auch noch ganz ergebenst, daß Sie die Gewogenheit haben, zuweilen einige Nachricht über die Aufführung meines Sohnes einzuziehen; es wäre mir sehr lieb, wenn H. Amende streng darauf sähe, daß er recht ordentlich und pünklich im Hause ist, und ihn besonders Nachts nicht herum laufen ließe, was ich H. Amende schon an Herz legte, auch ihm sagte daß er ohne Ew. Wohlgeboren Erlaubniß durchaus nichts unternehmen dürfe, was Ausgaben verursacht, noch weniger ihn vielleicht selbst etwas vorstreckt. Mein Sohn ist in diesen Stück etwas nachlässig und kennt den Werth des Geldes viel zu wenig, was er auch wieder durch die Miethe eines Instrumentes beweist, das er, wie ich glaube, gar nicht in seinen Stübchen unterbringen kann.
Wenn Ew. Wohlgeboren die Gewogenheit haben wollten, ihn selbst darüber einige Warnungen zuu geben und vorzustellen, daß es unrecht von ihm sei, wenn er seinen Vater unnöthige Kosten verursache, so würden Sie mir einen großen Gefallen erzeigen. Bis jetzt habe ich weder von Herrn Hauptmann und H. Amende, an die ich um gefällige Nachricht schrieb, noch von meinen Sohn einen Brief erhalten, es könnte sein daß letztere einen Brief an die Fischerische Handlung gegeben hätte, was er danne rst von Leipzig aus hierher kömmt, worüber er Ew. Wohlgeboren Ausknft geben kann. Mein Sohn war früher sehr wahrheitsliebend, während seines Aufenthaltes in Leipzig hat er mir aber einigemale Unwahrheiten und Schwindeleien gemacht, was ich jedoch sehr strenge bestraft habe, und hoffe, daß er es ferner unterlassen wird; doch will ich Ew. Wohlgeboren darauf aufmerksam machen, damit Sie ihn recht strenge im Auge haben. Ew. Wohlgeboren bitte ich auch nochmals ihn1 rnur recht strenge dazu anzuhalten, daß er seine Fehler im Violinspiel ablegt; was Ew. Wohlgeboren über seinen Triller2 bemerken, habe ich ihm selbst sehr oft gesagt, doch glauben manche Kinder gewöhnlich, der Vater tadle nur, um zu tadeln, und gehen leichtsinnig darüber weg. Wenn mein Sohn vielleicht etwas von Musikalien u.d.gl. nöthig haben sollte, so werden Ew. Wohlgeboren die Güte haben, gefälligst dafür zu sorgen und mir in Rechnung zu bringen; obgleich ich alle unnöthigen Ausgaben zu vermeiden suche, so will es doch keineswegs bei solchen Sachen fehlen lassen, wünsche aber sehr, daß mei Sohn seine Musikalien u.d.gl. besser in obacht nimmt, als er es in Leipzig that, wo er die guten Musialien, welche ich ihm mitgab, beinahe sämmtlich verborgte und das wenigste wieder zurück bekam. Ordnung zu lernen ist ihm sehr nöthig, er beachtet gar nichts und sieht überhaupt nie auf Sparsamkeit, sowohl in seiner Kleidung als in allen übrigen, ich wünschte nichts, als daß er sich auch hierin Ew. Wohlgeboren zum Vorbild wählte.
Ew. Wohlgeboren nochmals meinen ergebensten Dankf ür Ihre große Güte versichernd, bitte ich Ew. Wohlgeboren Frau Gemahlin mich und meiner Frau ganz gehorsamst zu empfehlen, und bin mit der allervollkommensten Hochachtung und Ergebenheit

Ew. Wohlgeboren
ganz gehorsamster Diener
Carl. Mahr.

Ew. Wohlgeboren bitte ich um gütige Abgabe beiligender Zeilen an meinen Sohn.

Hildburghausen
den 15. Septemb 1841.

Autor(en): Mahr, Johann Christian Carl
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Amende, Georg
Hauptmann, Moritz
Mahr, Johann Carl Sebastian
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1841091540

Spohr



Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Mahr an Spohr, 26.09.1841.

[1] „ihn“ über der Zeile eingefügt.

[2] Zu Spohrs Einschätzung von Johann Carl Sebastian Mahrs Violinspiel vgl. Spohr an Eduard Grund, 04.01.1842.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (05.05.2022).